Aus: Ausgabe vom 18.10.2008, Seite 16 / Aktion
Bürgerschutzgesetze
Von Arnold SchölzelIn dieser Woche folgte ein weiterer historischer Coup der Kanzlerin. Sie proklamierte per Regierungserklärung »Strukturen für eine menschliche Marktwirtschaft«. Die sollen Banken zu hochriskanter Kreditvergabe ermuntern, wie die Financial Times Deutschland zusammenfaßte, um damit bei der nächsten fälligen Krise die Staatsinsolvenz zu riskieren.
Die junge Welt – eher Teil einer Alphabetisierungs- und Lesekampagne, die seit einiger Zeit wieder einmal länderübergreifend wirkt (siehe unser Foto) – verfügt nicht über die Fähigkeit, die Zukunft vorhersagen zu können. Außerdem hat Mark Twain recht, der behauptet haben soll: »Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.« Wir verlassen uns auf den real existierenden Kapitalismus und sein leitendes Personal: Ohne Chaos und Demagogie können die es nicht. Wir sind aber der Auffassung, daß die Produktion von Krisen in immer kürzeren Abständen und die dazu verabreichte Propaganda nicht mehr in die Gegenwart passen und mit der Zukunft sowieso nichts zu tun haben. Soviel läßt sich über die vielleicht doch sagen.
Eine Zeitung, die aus dieser Perspektive Informationen, Berichte und Analysen präsentiert, ist allerdings – wie sich gegenwärtig herausstellt – mit den kleinen Vorhersagen, die sie sich leistet, etwas schneller als andere. Das soll nicht heißen: Wir haben immer recht. Aber zumindest, was Krisen des Kapitalismus angeht, immer öfter.
Mit dem haben wir noch eine Weile zu tun. Schon deswegen, weil ja Vorsorge getroffen wird. Am Mittwoch verabschiedete das Bundeskabinett z.B. den Entwurf eines sogenannten Bevölkerungsschutzgesetzes, das laut Innenminister Wolfgang Schäuble »eine wirksame Katastrophenhilfe des Bundes zugunsten der Länder bei Großschadenslagen« sichert. Dabei soll selbstverständlich die Bundeswehr mit von der Partie sein. Sie haben nirgendwo einen Bericht darüber gelesen? Dann haben Sie die jW-Donnerstagausgabe verpaßt. Wir berichten nämlich über das, was für die Zukunft vorbereitet wird, über Bürgerschutzgesetze jedweder Art. Nicht selten als einzige. Täglich – an Ihrem Kiosk, im Internet, am besten im Abo.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
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