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Die Pegel der Oder sinken

500-Millionen-Mark-Hilfsprogramm aus Bonn für Region angekündigt

Im Hochwassergebiet an der Oder hat sich die Lage bis zum Montag vormittag weiter stabilisiert. Zwei am Sonntag abend entdeckte Risse im Deichbereich nördlich von Hohenwutzen sind bis zum Morgen abgedichtet worden. Gegenwärtig, so ein Sprecher des Katastrophenstabes Märkisch-Oderland, sei man dabei, den gesamten drei Kilometer langen und besonders gefährdeten Deich an der Stromkurve bei Hohenwutzen mit Sandsäcken von der Landseite her vorbeugend zu befestigen. Die Arbeiten würden allerdings langsamer als bisher vorangehen, weil nur noch kleine Transporter für die Sandsäcke genutzt werden können. Die Deiche seien wegen der hohen Belastung für Fahrzeuge über zwei Tonnen Gesamtgewicht gesperrt worden. Die Multicar-Fahrzeuge können maximal 600 Kilogramm Sandsäcke transportieren. Über Nacht seien keine weiteren Risse entdeckt worden, die Lage sei »kritisch stabil«.

Unterdessen wurde in Ratzdorf (Landkreis Oder-Spree) an der Neißemündung angesichts der allmählich weiter sinkenden Pegel bereits mit dem Abbau der obersten Deichaufstockungen begonnen. Sandsäcke würden von den Deichkronen entfernt und erst einmal zum Trocknen ausgelegt, sagte ein Sprecher des Krisenstabes Oder-Spree. Auch in Wiesenau und anderen Orten am Rande der Ziltendorfer Niederung würden erste Sandsäcke entfernt. Mitarbeiter der Umweltämter untersuchen den Sand auf mögliche Verschmutzungen. An einigen Stellen seien die Säcke durch ausgelaufenes Heizöl verseucht worden. Das Wasser in der Ziltendorfer Niederung gehe nur langsam wieder zurück. Dort rieche es immer stärker »sehr brackig«, sagte der Sprecher. Wegen der steigenden Infektionsgefahren, die von Keimen in dem abgestandenen Wasser ausgehen, werde die Impfaktion gegen Hepatitis A und Typhus in dieser Woche fortgesetzt. In Frankfurt (Oder) wurden am Montag morgen die meisten Sperrmaßnahmen aufgehoben.

Nach Angaben des Potsdamer Krisenstabes bleibt trotz aller Beruhigung der Lage der vorsorgliche Evakuierungsaufruf für das gesamte Oderbruch bestehen. Momentan gebe es zwar »keine akute Gefährdung«, doch sei der Zustand der Deiche weiterhin ernst. Bis zum Montag morgen wurden nach Potsdamer Angaben zur Sicherung der Oder-Dämme insgesamt 7,4 Millionen Sandsäcke verbaut.

Unterdessen hat die Bonner Koalition einen Wiederaufbaufonds für die Oderregion in Höhe von 500 Millionen Mark angekündigt. Ein entsprechender Antrag von CDU/CSU und FDP soll am Dienstag in den Bundestag eingebracht werden, erklärte der brandenburgische FDP- Bundestagsabgeordnete Jürgen Türk am Montag in Potsdam. Wegen der »gewaltigen Herausforderung« werde versucht, mit der Opposition zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Die SPD hatte in der Vorwoche einen Hilfsfonds in Höhe von 300 Millionen Mark verlangt. Sollte ein gemeinsamer Antrag in der Kürze der Zeit nicht gelingen, soll laut Türk ein Kompromiß in den Ausschüssen gesucht werden.

Die Mittel für den Hilfsfonds sollen laut Türk zu 50 Prozent vom Bund, zu 30 Prozent von den Ländern und zu 20 Prozent von den Kommunen kommen.

Türk und der brandenburgische FDP-Landesvorsitzende Hinrich Enderlein sprachen sich dafür aus, nach der Bestandsaufnnahme der Schäden eine gründliche Analyse der Hochwasserursachen vorzunehmen. Mögliche Schlußfolgerungen könnten Erweiterung der Polder, neue Deichbefestigungen oder Aufstockung der Dämme sein.

(jW/ddpADN)