75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 23. / 24. November 2024, Nr. 274
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 13.01.2009, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft

Lesetips

Lohnspreizung

Die Behauptung, »zu hohe« Löhne gering qualifizierter Arbeiter und Angestellter führe zu größerer Erwerbslosigkeit, ist im neoliberalen Diskurs allgegenwärtig. So zum Beispiel in einer Argumentation des »Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung«, in der es heißt: »Es mag aus einkommenspolitischer Sicht verständlich erscheinen, wenn in den Lohnrunden die unteren Lohngruppen stärker angehoben werden. Beschäftigungspolitisch ist dies jedoch eine Fehlentwicklung. Denn der überproportionale Anstieg der Tariflöhne für einfache Arbeit verschlechtert die Chancen ungelernter Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt.« Ronald Schettkat von der Uni Wuppertal zeigt in einer Literaturstudie zum Thema Lohnspreizung, daß dieses neoliberale Mantra keineswegs empirisch belegt ist. Bei einem Vergleich zwischen Deutschland und den USA kommt Schettkat zu ganz anderen, differenzierteren Befunden. (dab)

Ronald Schettkat: Lohnspreizung – Mythen und Fakten. Eine Literaturübersicht zu Ausmaß und ökonomischen Wirkungen von Lohnungleichheit. Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf 2008. ISBN: 978-3-86593-104-7

Verlagerungen

Wie aufwendig sind Betriebsstillegungen in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern? Dieser Frage geht Ulrich Zachert von der Uni Hamburg in einer von der Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie nach. Er vertritt darin die Hypothese, daß Deutschland bei Produktionsverlagerungen und Massenentlassungen in Hinblick auf die Zeit und Geldkosten am unteren Ende der untersuchten Länder liegt. Ein Grund hierfür sei offenbar die betriebliche Selbstregulierung, der die Aushandlung von Abfindungen etc. hierzulande überlassen sind. Die Betriebsräte haben laut Zachert insbesondere bei Verlagerungen ins Ausland mit Informations- und Durchsetzungsdefiziten zu kämpfen, wie zuletzt der Fall Nokia gezeigt habe. Ein noch gravierenderes Problem bestehe in Unternehmen ohne betriebliche Interessenvertretung.

In Ländern mit größeren staatlichen Einflußmöglichkeiten hingegen können die Behörden »angemessene« Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Belegschaften oftmals erzwingen. Zachert empfiehlt deshalb den Ausbau der Kompetenz der Bundesagentur für Arbeit sowie die Stärkung der Informations- und Konsultationsrechte europäischer Betriebsräte. (dab)

Ulrich Zachert: Verfahren und Kosten von Betriebsverlagerungen in ausgewählten europäischen Ländern. Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf 2008. ISBN: 978-3-86593-098-9

Mehr aus: Betrieb & Gewerkschaft