Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 28.01.2009, Seite 3 / Schwerpunkt

Dokumentiert. Kündigung auf Verdacht

junge Welt dokumentiert auszugsweise die Stellungnahme »Kassiererin streikt – Kaiser’s kündigt: Nächstes Mal sind Sie dran« vom Berliner Komitee »Solidarität mit Emmely«:

Haben Sie einen unbefristeten Arbeitsvertrag? Denken Sie, daß Sie nicht einfach so gekündigt werden können? Können Sie doch: Wie Emmely, die nach 31 Jahren im ersten Arbeitsverhältnis als Kassiererin von der Kaiser’s-Tengelmann AG fristlos gekündigt wurde, weil sie angeblich Pfandbons für insgesamt 1,30 Euro falsch abgerechnet hatte. Emmely sagt, daß an den Vorwürfen nichts dran ist. Tatsächlich wurde ihr gekündigt, weil sie trotz einschüchternder Vieraugengespräche mit Vorgesetzten weiter den ver.di-Streik für höhere Löhne und gegen die Streichung der Sonderschichtzulagen in der Filiale organisierte. Deswegen hätte Kaiser’s sie nicht kündigen können.

Doch es gibt ja noch die »Verdachtskündigung« im deutschen Arbeitsrecht: Bei dieser genügt die einseitige Erklärung des Unternehmens, daß sein Vertrauen in die Beschäftigte zerstört sei. Als Begründung genügt der begründete Verdacht auf eine schwere Verfehlung. Dagegen hilft kein Verweis auf jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit oder die Lächerlichkeit der Beträgte, um die es geht. Als Bürger gilt für uns die Unschuldsvermutung. Ein Tatbestand muß uns nachgewiesen werden. Als Beschäftigte genießen wir den Schutz des Arbeitsrechts gegenüber »unserem« Unternehmen nur, wenn wir beweisen können, daß gegen uns erhobene Vorwürfe haltlos sind. Einfach nur vertragsgemäß unsere Arbeit zu tun, reicht nicht. Bietet sich dem Unternehmen ein Anlaß (z.B. weil wir unbequeme Forderungen stellen, auf unsere Rechte bestehen, der Laden dichtgemacht werden soll oder andere unsere Arbeit billiger machen würden), dann genügt ein beliebiger an den Haaren herbeigezogener Verdacht, und wir sind den Schutz des Arbeitsrechts los, wenn wir bei einem Vorwurf nicht das Gegenteil beweisen können. (...)

Kaiser’s konterte den Streik dreifach: 1. werden die Kolleginnen eingeschüchtert und sich künftig hüten zu streiken. 2. wird Kaiser’s eine Beschäftigte los, die nach Tarif bezahlt wird. Damit schwindet wieder ein Stückchen Flächentarifbindung dahin. 3. wird Emmely durch eine billigere Kraft ersetzt, die nicht mehr unter den Tarif fällt, also auch nicht für diesen streiken kann. So wird das Streikrecht mit Hilfe der Arbeitsrechtsprechung zum Papiertiger.

Auch aus anderen Supermärkten und Warenhäusern sind Einschüchterungen, Drohungen und Schikanen gegen Streikende bekannt – von Bespitzelung der Beschäftigten und fingierten Beweisen zur fristlosen Kündigung zu schweigen.

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