Anschlag erschüttert Kambodscha vor Wahl des Premiers
Einen Tag vor der geplanten Wahl eines Nachfolgers für den gestürzten kambodschanischen Ministerpräsidenten Prinz Norodom Ranariddh sind bei einem Granatenanschlag in Phnom Penh 27 Menschen verletzt worden. Drei uniformierte Männer hätten die Granate in einen Nachtclub geschleudert, teilte die Polizei am Dienstag mit. Obwohl die Behörden einen politischen Hintergründe als unwahrscheinlich bezeichneten, verstärkte die Tat die ohnehin gespannte Nervosität in der Hauptstadt.
Die Polizei in Phnom Penh vermutete einen privaten Rachefeldzug als Grund für den Granatenanschlag in einer gut besuchten Diskothek. »Wenn die Tat einen politischen Hintergrund hätte, wäre sie an einem anderen Ort verübt worden«, sagte Ko-Verteidigungsminister Tea Banh. Zeugenaussagen zufolge forderte ein Soldat vor dem Anschlag in der Nacht zum Dienstag andere Diskothekenbesucher auf, mit ihm anzustoßen. Sie hätten dies jedoch abgelehnt. Inmitten der seit dem Sturz Prinz Ranariddhs ohnehin gespannten Atmosphäre kursierten in der kambodschanischen Hauptstadt nach dem Attentat zahlreiche Gerüchte über mögliche politische Motive.
Die Wahl von Außenminister Ung Huot zum neuen Ko- Ministerpräsidenten und Koalitionspartner des derzeitigen Machthabers Hun Sen soll die Glaubwürdigkeit Kambodschas international wieder herstellen. Ranariddh war vor einem Monat von Hun Sen gestürzt worden. Die Assoziation südostasisatischer Staaten (ASEAN) stellte die Anerkennung Ung Huots in Aussicht.
Die heutige Wahl von Ung Huot gilt als sicher. »Sie wird erfolgreich beendet werden«, sagte ein Mitglied von Ranariddhs royalistischer FUNCINPEC, die Ung Huot nominiert hatte. Nach Ansicht eines Beobachters vereinen Hun Sens Anhänger und die Ranariddh-Kritiker innerhalb seiner eigenen Partei genügend Stimmen, um die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament zu gewährleisten. Der Kandidat selbst gab am Dienstag beim Verlassen der Nationalversammlung keine Stellungnahme ab. Oppositionelle kritisierten die Wahl als »illegal und undemokratisch«. Das Parlament wollte am Dienstag die Immunität Ranariddhs aufheben.
Kambodschas König Sihanouk lehnte die laut Verfassung notwendige Anerkennung eines Nachfolgers für seinen Sohn Ranariddh ab. Dagegen stellte die ASEAN, die zunächst auf Wiedereinsetzung Ranariddhs bestanden hatte, inzwischen die Anerkennung Ung Huots in Aussicht. Wichtig sei, daß die Mitglieder der FUNCINPEC selbst über einen Nachfolger entschieden, sagte der philippinische Außenminister Domingo Siazon gestern in Manila.
(AFP/jW)
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