Aus: Ausgabe vom 23.03.2009, Seite 15 / Politisches Buch
Neu erschienen: Annelie Thorndike
Just als Kanzlerin Merkel – so die Agenturmeldungen –
Frau Steinbach gegen die Polen den »Rücken
stärkte«, erregte ein Büchlein Aufsehen, das der
schon oft für heilsame »Unruhe« sorgende
Kleinverlag Spotless herausgebracht hat: »Der
Massenmörder blieb ohne Strafe«. Spotless-Gründer
Klaus Huhn hat damit auch wieder ein
»Autoren-come-back« offeriert: Er interviewte Annelie
Thorndike. Die 84jährige, dominierende Dokumentarfilmerin der
DDR und jahrelang auch Jurypräsidentin der Leipziger
Dokfilmwoche, erinnerte sich in dem Buchgespräch der
Entstehung des von ihr und ihrem Ehemann Andrew Thorndike 1957
präsentierten Films »Urlaub auf Sylt«, der sich
mit Heinz Reinefarth befaßte.
Bei Studien alter Nazi-Wochenschauen waren die Thorndikes auf ihn als den von Himmler zur Niederschlagung des Warschauer Aufstandes 1944 eingesetzten SS-Generals gestoßen. Reinefarth hatte sich des Mordes an 250000 Polen gerühmt und den Aufstand im Blut erstickt. Die Thorndikes folgten den Spuren des Massenmörders und fanden ihn – als Bürgermeister von Westerland, wo er für die CDU schon 1951 kandidiert hatte und gewählt worden war. Später saß er sogar im Landtag von Schleswig-Holstein, und erst als der Thorndike-Film internationales Aufsehen erregte, riet man ihm, ins »zweite Glied« zurückzutreten. Von da an amtierte er als Anwalt des Rechts vor bundesdeutschen Gerichten.
Was Annelie Thorndike und Klaus Huhn mit der Erinnerung an den Film an Fakten über Reinefarths bundesdeutsche Karriere zusammentrugen, ist imponierend. Daß der SS-General nach der spektakulären Uraufführung des DDR-Films bundesdeutschen Medien gegenüber auch noch seine Unschuld beteuerte, verrät folgendes Zitat aus dem Spiegel: »Seine Entnazifizierungs-Verhandlung vor dem Spruchkammer-Hauptausschuß beispielsweise, meint der Bürgermeister, sei in dem Film überhaupt nicht erwähnt. Vor der Spruchkammer aber ›sei er der Schuld an jeglichem Verbrechen‹ freigesprochen worden.« Freigesprochen in der Bundesrepublik Deutschland, deren Nachfolgestaat nun ein »Mahnmal« plant, das an die »Leiden« der Deutschen in Polen erinnern soll. Und mit keiner Silbe an die Untaten des Warschauer Mörders, der als SS-General auch 13 Jahre seine Generalsrente bezog. Annelie Thorndike verdient Achtung und Respekt, daß sie ausgerechnet in der Phase, in der Angela Merkel der »Vertriebenen« Steinbach – ihr Vater war als Soldat nach Polen kommandiert worden – den »Rücken stärkt«, an die Wahrheit erinnert.(jW)
Bei Studien alter Nazi-Wochenschauen waren die Thorndikes auf ihn als den von Himmler zur Niederschlagung des Warschauer Aufstandes 1944 eingesetzten SS-Generals gestoßen. Reinefarth hatte sich des Mordes an 250000 Polen gerühmt und den Aufstand im Blut erstickt. Die Thorndikes folgten den Spuren des Massenmörders und fanden ihn – als Bürgermeister von Westerland, wo er für die CDU schon 1951 kandidiert hatte und gewählt worden war. Später saß er sogar im Landtag von Schleswig-Holstein, und erst als der Thorndike-Film internationales Aufsehen erregte, riet man ihm, ins »zweite Glied« zurückzutreten. Von da an amtierte er als Anwalt des Rechts vor bundesdeutschen Gerichten.
Was Annelie Thorndike und Klaus Huhn mit der Erinnerung an den Film an Fakten über Reinefarths bundesdeutsche Karriere zusammentrugen, ist imponierend. Daß der SS-General nach der spektakulären Uraufführung des DDR-Films bundesdeutschen Medien gegenüber auch noch seine Unschuld beteuerte, verrät folgendes Zitat aus dem Spiegel: »Seine Entnazifizierungs-Verhandlung vor dem Spruchkammer-Hauptausschuß beispielsweise, meint der Bürgermeister, sei in dem Film überhaupt nicht erwähnt. Vor der Spruchkammer aber ›sei er der Schuld an jeglichem Verbrechen‹ freigesprochen worden.« Freigesprochen in der Bundesrepublik Deutschland, deren Nachfolgestaat nun ein »Mahnmal« plant, das an die »Leiden« der Deutschen in Polen erinnern soll. Und mit keiner Silbe an die Untaten des Warschauer Mörders, der als SS-General auch 13 Jahre seine Generalsrente bezog. Annelie Thorndike verdient Achtung und Respekt, daß sie ausgerechnet in der Phase, in der Angela Merkel der »Vertriebenen« Steinbach – ihr Vater war als Soldat nach Polen kommandiert worden – den »Rücken stärkt«, an die Wahrheit erinnert.(jW)
Klaus Huhn/Annelie Thorndike: Der Massenmörder blieb ohne Strafe. Das Neue Berlin – spotless, Berlin 2008, 96 Seiten, 5,95 Euro
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