Aus: Ausgabe vom 24.04.2009, Seite 12 / Feuilleton
Grzimek 100
Tierfilme sind in der BRD traditionell beliebt. Das Programm
für interessierte Rentner, Kinder und Partypeople, die ihren
Drogenabusus sonntags vor dem Fernseher auskurieren. In den
postfaschistischen 50er Jahren vertrauten viel größere
Bevölkerungsteile auf die sedierende Kraft des Tierfilms, der
in der neuen TV-Kultur als Bildungsveranstaltung galt. Der
große Star dieses Genres war Bernhard Grzimek, der als
»eine Art heimischer Gary Cooper der Zoologie« (FAZ)
die »notorische Tierliebe der Bundesbürger«
(ebenda) bediente, in dem er ihnen von 1956–1980 die Sendung
»Ein Platz für Tiere« servierte. 1960 bekam er
für seinen Dokfilm »Serengeti darf nicht sterben«
sogar einen Oscar – als erster Deutscher seit Kriegsende. Und
weil der studierte Veterinärmediziner und Pionier der
Ökologiebewegung heute vor 100 Jahren geboren wurde, hat er
seit neuestem auch eine eigene Briefmarke. Auf ihr schaut er aus
einem stilisierten Fernseher heraus. Zusammen mit einem Affen, da
er in seiner Sendung auch gerne Tiere mitbrachte. Im Hauptberuf war
Grzimek nämlich ab 1945 Direktor des Zoos in Frankfurt/Main.
Unter den Nazis hatte er als Regierungsrat im
Reichsernährungsministerium gearbeitet, 1937 war er in die
NSDAP eingetreten, was er später bestritten hat. Allerdings
hat er versteckten Juden geholfen. Grzimek starb 1987 beim Besuch
einer Zirkusvorstellung
(jW)
(jW)
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