Aus: Ausgabe vom 02.05.2009, Seite 3 / Schwerpunkt
Arundhati Roy: Der Rest ist Schweigen
In Sri Lanka wütet ein scheußlicher Krieg. Er ist
möglich, weil wir dazu schweigen. Weder in den indischen noch
in den internationalen Mainstreammedien findet man Berichte
über das, was dort geschieht. Das macht sehr
nachdenklich.
Aus den mageren Auskünften, die durchsickern, läßt sich schließen: Die srilankische Regierung nutzt die Propaganda des »Krieges gegen den Terror« aus, um die Überreste der Demokratie abzuschaffen und unaussprechliche Verbrechen gegen die tamilische Bevölkerung zu verüben. Ausgehend von dem Prinzip, daß jeder Tamile ein Terrorist ist, bis das Gegenteil bewiesen ist, werden Wohnviertel, Krankenhäuser und Zufluchtsorte bombardiert und so zum Kriegsschauplatz gemacht. (...)
Die Regierung sagt, sie wolle die »Befreiungstiger« und die »Terroristen« »ausmerzen«. Mir scheint, sie ist an der Schwelle zum Völkermord. Nach UNO-Schätzungen sind allein in diesem Jahr über 6400 Zivilisten bei den Angriffen der Armee umgekommen. Was die wenigen Augenzeugen berichten, gleicht einem Alptraum. Was wir erleben oder, besser gesagt, was erfolgreich verschleiert wird, ist ein schamloser, rassistischer Krieg.
Dieser Rassismus in Sri Lanka hat eine lange Vorgeschichte aus sozialer Ächtung, wirtschaftlichen Blockaden, Pogromen und Folter. Hier liegen auch die Wurzeln der Brutalität dieses Bürgerkrieges, der als friedlicher, gewaltfreier Protest begann.
Warum das Schweigen? In einem Interview sagt (Sri Lankas ehemaliger Außenminister – d. Red.) Mangala Samaraveera: »In Sri Lanka gibt es heute keine freien Medien.« Samaraveera erzählt weiter von Todesschwadronen und Verschleppungen, die die Menschen vor Angst erstarren lassen. Andersdenkende, darunter Journalisten, werden entführt und umgebracht. Die Internationale Föderation der Journalisten beschuldigt die Regierung Sri Lankas, diverse Druckmittel wie Antiterrorismusgesetze, Entführungen und Mord anzuwenden, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. (...) Die Welt hat lange genug zugeschaut. Viele, und ich rechne mich selbst dazu, die ihre Stimme hätten erheben sollen, haben es nicht getan, weil ihnen die Information fehlte. Und das Morden geht weiter. Zehntausende werden in Konzentrationslager eingesperrt, 200 000 droht der Hungertod, der Völkermord läßt nicht mehr lange auf sich warten, und die Welt schaut zu. Es ist eine kolossale humanitäre Tragödie.
Die Welt muß eingreifen. Jetzt. Bevor es zu spät ist.
Aus den mageren Auskünften, die durchsickern, läßt sich schließen: Die srilankische Regierung nutzt die Propaganda des »Krieges gegen den Terror« aus, um die Überreste der Demokratie abzuschaffen und unaussprechliche Verbrechen gegen die tamilische Bevölkerung zu verüben. Ausgehend von dem Prinzip, daß jeder Tamile ein Terrorist ist, bis das Gegenteil bewiesen ist, werden Wohnviertel, Krankenhäuser und Zufluchtsorte bombardiert und so zum Kriegsschauplatz gemacht. (...)
Die Regierung sagt, sie wolle die »Befreiungstiger« und die »Terroristen« »ausmerzen«. Mir scheint, sie ist an der Schwelle zum Völkermord. Nach UNO-Schätzungen sind allein in diesem Jahr über 6400 Zivilisten bei den Angriffen der Armee umgekommen. Was die wenigen Augenzeugen berichten, gleicht einem Alptraum. Was wir erleben oder, besser gesagt, was erfolgreich verschleiert wird, ist ein schamloser, rassistischer Krieg.
Dieser Rassismus in Sri Lanka hat eine lange Vorgeschichte aus sozialer Ächtung, wirtschaftlichen Blockaden, Pogromen und Folter. Hier liegen auch die Wurzeln der Brutalität dieses Bürgerkrieges, der als friedlicher, gewaltfreier Protest begann.
Warum das Schweigen? In einem Interview sagt (Sri Lankas ehemaliger Außenminister – d. Red.) Mangala Samaraveera: »In Sri Lanka gibt es heute keine freien Medien.« Samaraveera erzählt weiter von Todesschwadronen und Verschleppungen, die die Menschen vor Angst erstarren lassen. Andersdenkende, darunter Journalisten, werden entführt und umgebracht. Die Internationale Föderation der Journalisten beschuldigt die Regierung Sri Lankas, diverse Druckmittel wie Antiterrorismusgesetze, Entführungen und Mord anzuwenden, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. (...) Die Welt hat lange genug zugeschaut. Viele, und ich rechne mich selbst dazu, die ihre Stimme hätten erheben sollen, haben es nicht getan, weil ihnen die Information fehlte. Und das Morden geht weiter. Zehntausende werden in Konzentrationslager eingesperrt, 200 000 droht der Hungertod, der Völkermord läßt nicht mehr lange auf sich warten, und die Welt schaut zu. Es ist eine kolossale humanitäre Tragödie.
Die Welt muß eingreifen. Jetzt. Bevor es zu spät ist.
* Arundhati Roys hier auszugsweise veröffentlichter Beitrag erschien zunächst in Times of India und wurde am 30. März von TamilNet.com weiterverbreitet
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