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Aus: Ausgabe vom 12.06.2009, Seite 15 / Feminismus

Frauenrechte: Türkei muß zahlen

Strasbourg. Weil die türkische Justiz nicht entschlossen genug gegen einen gewalttätigen Ehemann vorging, der schließlich seine Schwiegermutter tötete, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem für alle Europaratsländer wegweisenden Urteil die Regierung in Ankara verurteilt. Die Richter in Strasbourg gaben am Dienstag einer Frau Recht, deren Mutter von ihrem Exmann erschossen worden war. Die türkische Regierung muß ihr nun 30000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Das Gericht bewertete dabei erstmalig Gewalt gegen Frauen als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der Menschenrechtskonvention.

Der Mann hatte seit seiner Heirat im Jahre 1990 sowohl seine Frau als auch deren Mutter jahrelang mißhandelt. Einmal stach er seine Frau mit sieben Messerstichen nieder. Dafür mußte er lediglich eine Geldbuße von umgerechnet 385 Euro zahlen. Nachdem er seine Frau und Schwiegermutter mit seinem Wagen überrollt und schwer verletzt hatte, wurde der Türke zu drei Monaten Haft verurteilt. Die Strafe wurde anschließend in eine Geldbuße umgewandelt. Mehrere Verfahren wurden eingestellt, weil die Frauen – unter dem Druck des Mannes, der ihnen mit dem Tod drohte – ihre Strafanzeigen zurückgezogen hatten. Im Jahre 2002 beschloß die Frau, mit den drei gemeinsamen Kindern und ihrer Mutter wegzuziehen. Der Mann hielt daraufhin den Umzugswagen an und erschoß seine Schwiegermutter. Er wurde im vergangenen Jahr wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilt, kam aber wieder auf freien Fuß, nachdem er Berufung eingelegt hatte. Der EGMR warf der türkischen Justiz vor, nichts unternommen zu haben, um dessen Frau und Schwiegermutter zu schützen. Die 37jährige werde noch heute von ihrem Exmann bedroht. Erst auf Anweisung des Gerichtshofs hätten die türkischen Behörden Vorkehrungen getroffen, damit der Täter der Betroffenen nicht zu nahe kommen könne.


(AFP/jW)

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