Tod von Oppositionellen wird untersucht
Chilenische Ermittler untersuchen nun auch offiziell Vorwürfe, wonach in der berüchtigten Deutschen-Siedlung Colonia Dignidad während der Militärdiktatur Regimegegner gefoltert und umgebracht worden sein sollen. Der Oberste Gerichtshof in Santiago dehnte am Freitag die Ermittlungsbefugnis des Spezialrichters Hernan Gonzalez aus, der schon wegen Kindesmißbrauchs gegen Dignidad- Chef Paul Schäfer ermittelt. Gonzalez soll die Spuren von 112 Verschwundenen aus der Zeit der Militärdiktatur Augusto Pinochets (1973 bis 1990) verfolgen.
Nach Angaben von Menschenrechtlern lebten 48 der 112 Verschwundenen in der Stadt Parral, die der Siedlung am nächsten liegt. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes sei ein Hoffnungsschimmer, sagte Mercedes Fernandez, Vorsitzende einer örtlichen Vereinigung von Angehörigen von Opfern der Diktatur. Menschenrechtsorganisationen hatten schon vor Jahren den Verdacht geäußert, daß die im Jahr 1961 gegründete, rund 13 500 Hektar große Siedlung, während der Diktatur als Folterzentrum diente. Sie beriefen sich unter anderem auf Aussagen von ehemaligen Angehörigen der Geheimpolizei DINA.
Unter Berufung auf diese Zeugen meinten sozialistische Politiker in Chile kürzlich, auf dem Gelände der Kolonie befänden sich Massengräber mit den Überresten Verschwundener. Angehörige von Opfern der Pinochet- Diktatur demonstrierten vor zwei Monaten vor dem Eingang der Kolonie dafür, die Ermittlungen wiederaufzunehmen.
Seit Monaten sucht die chilenische Polizei nach dem untergetauchten Gründer und Chef der jetzt Villa Baviera genannten Siedlung, Paul Schäfer. Schäfer, der bereits seit der Gründung der Sekte in Chile Kinder vergewaltigt haben soll, konnte jahrelang ungestört agieren, weil er Verbindungen zu ranghohen Militärs unter Diktator Pinochet unterhielt. Er soll persönlich an der Folterung und Ermordung von Regimegegnern mitgewirkt haben.
(AFP/jW)
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