Aus: Ausgabe vom 24.06.2009, Seite 12 / Feuilleton
Kluge in Moskau
Daß er »Das Kapital« verfilmen wolle, hat Sergej
Eisenstein sechs Tage nach dem »Schwarzen Freitag« 1929
gegenüber James Joyce geäußert. Bekanntlich hat
Eisenstein den Plan verworfen. Allein aus dem Vorhaben
läßt sich heute kulturelles Kapital schlagen (fast so
gut wie richtiges Geld). Das hat Alexander Kluge in diesem
Frühjahr bewiesen, indem er bei Suhrkamp drei DVDs
herausbrachte, auf denen er mit verschiedenen Leuten über
»Das Kapital« quasselt. Morgen stellt Kluge auf dem
Internationalen Moskauer Filmfestival eine für das Kino stark
gekürzte Fassung vor. 87 Minuten hat er aus den zehn Stunden
extrahiert. Die Langfassung bietet vor allem »eine Unmenge
Klischees von erlesener Blödheit. Wohlgemerkt aber nicht
über Eisenstein und Marx, von denen man nichts erfährt,
sondern über Alexander Kluge selbst, der in dieser
Selbstinszenierung so etwas Ähnliches darstellt wie die zu
unmittelbarem Bewußtsein gelangte Warenform« (Reinhard
Jellen in jW vom 5. März). Vor der Weltpremiere in Moskau war
nur zu erfahren, daß es Helge Schneider als
Hartz-IV-Anwärter Atze Mückert in die Filmfassung
geschafft hat. Sicher wird auch der vielleicht einzige Marxist
unter den Kluge-Gesprächspartnern, Dietmar Dath, es in die
Kinofassung geschafft haben – fragt sich nur, womit. (ddp/jW)
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