Aus: Ausgabe vom 05.10.2009, Seite 12 / Feuilleton
BRD geprägt
Reinhard Mohn ist tot. Wie die Bertelsmann AG am Sonntag in
Gütersloh mitteilte, starb ihr Patriarch am Samstag im Alter
von 88 Jahren in seinem Haus in Steinhagen. Zur Todesursache wurden
keine Angaben gemacht. Mohns steile Karriere begann im Afrika-Korps
der Nazis. Er war Leutnant der Luftwaffe, geriet in amerikanische
Kriegsgefangenschaft. Hier lernte er Englisch und amerikanische
Managementtechniken. 1947 übernahm er in fünfter
Generation das mittelständische Unternehmen. Drei Jahre
später gründete er den
»Bertelsmann-Lesering«, aus dem bald der
berüchtigte Buchclub wurde. 1952 etablierte er eine
Lexikonredaktion, sechs Jahre später gründete er die
Plattenfirma Ariola. 1969 erwarb Mohn eine 25-Prozent-Beteiligung
am Druck- und Verlagshaus Gruner+Jahr (Stern, Brigitte), die er bis
1976 auf 74,9 Prozent erhöhte. Zwischenzeitlich hatte er das
Familienunternehmen 1971 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und
sich zum Vorstandsvorsitzenden gemacht. 1977 gründete er die
Bertelsmann Stiftung, über die sich die horrenden Gewinne des
Weltkonzerns abschreiben ließen. Außerdem diente sie
der Sicherung des politischen Einflusses. Bis heute hat die
Konzernführung erheblichen Anteil an der Privatisierung des
Gesundheitswesens und der öffentlichen Verwaltung der
Bundesrepublik. Bertelsmann-Tochtergesellschaften streichen einen
Großteil der Profite ein, die diese Entwicklung abwirft.
Reinhard Mohn ist 1981 aus dem Bertelsmann-Vorstand ausgeschieden,
zehn Jahre später hat er sein Mandat als
Aufsichtsratsvorsitzender niedergelegt, blieb allerdings
Ehrenvorsitzender. Seine Nachfolger führten den Konzern, der
heute mehr als 100000 Mitarbeiter in über 50 Ländern
beschäftigt, in seinem Sinne weiter. Daß der Konzern nun
auch bald das Zeitliche segnet, ist leider nicht zu erwarten. (jW)
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