Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 08.10.2009, Seite 14 / Leserbriefe

»Aufgabe der SPD? Ach ja, den Einfluß des Kapitals auf die Arbeiterklasse zu gewährleisten.«

Schlag ins Gesicht

Zu jW vom 5. Oktober: »Aufmarsch statt Abzug«

Ich hatte ja erst gedacht, das wäre ein Schreibfehler in dem Beitrag der jungen welt, daß Bodo Ramelow in einem Interview mit der Welt am Sonntag die folgenden Sätze zum Abzug der Nato-Krieger aus Afghanistan gesagt haben soll: »Uns geht es nicht um einen sofortigen Abzug. Das wäre wie eine Flucht damals aus Vietnam.« Aber es stand da wirklich so in dem Interview. Der Autor des jW-Beitrages bezieht sich allerdings negativ nur auf diese Äußerung von Ramelow bezüglich der bisherigen Aussagen der Partei Die Linke zum Afghanistan-Krieg. Viel gravierender ist aber diese Aussage in bezug auf Vietnam und den Vergleich mit dem derzeitigen Afghanistan (er meint den Vergleich wahrscheinlich nur als »linker Militärstratege«). Er nimmt doch tatsächlich in dem Satz »Das wäre wie eine Flucht damals aus Vietnam« die Position des US-Aggressors ein, der ja fliehen mußte, weil die FNL, die Befreiungsbewegung, gesiegt hatte. Zum Glück fliehen (gehen) mußte. (...) Diese Äußerung ist ein Schlag ins Gesicht für die Opfer (die es ohne US-Krieger so und in diesem grauenhaften Umfang nicht gegeben hätte), für alle Vietnam-KriegsgegnerInnen, für alle, die gegen Kolonialismus und Neokolonialismus standen und stehen, und für die linke Friedensbewegung. Bodo Ramelow scheint den Abzug bzw. die Flucht der US-Kriegsverbrecher zu bedauern, denn so etwas soll nicht wieder passieren. Hat er vergessen, daß es in diesem Krieg über zwei Millionen vietnamesische Opfer gab (vorher gegen die französische Kolonialmacht bereits drei Millionen), hat er das Napalm und das Gift Agent orange vergessen und daß viele Kinder heute noch mit Schädigungen geboren werden? Wären die USA mal früher aus Vietnam »geflohen«, es wäre Millionen Menschen viel Leid erspart geblieben und Vietnam nicht in die »Steinzeit zurückgebombt« worden.

Aber für eine Partei Die Linke, die gern die Poltik von Willy Brandts SPD wieder betreiben möchte, ist natürlich ein solche Sicht der Dinge nicht ungewöhnlich. Schließlich war die BRD mit der SPD damals Partnerin auf seiten der USA nicht nur gegen die Befreiungsbewegung FNL in Vietnam, sondern auch im Kampf der rechtsextremen Mudschaheddin und der Taliban und aller Osamas Bin Ladens gegen die Demokratische Republik in Afghanistan (DVA), die erstmals versucht hatte, so etwas wie Zivilisation und Frauenrechte in Afghanistan zu etablieren. Sie wurden allerdings von außen durch u. a. aus Pakistan und Iran kommende Krieger mit Unterstützung von Carter/Reagan (USA) und SPD daran gehindert, so daß der letzte Präsident der DVA von ihren Freiheitsfreunden 1992 in Kabul öffentlich aufgehangen wurde. (...)

Roland Wanitschka, Eisenach

Am Schrumpfen

Zu jW vom 6. Oktober: »SPD im Trend«

Betrachtet man die Entwicklung in der SPD, so wird alles getan, um diese Partei in die Bedeutungslosigkeit zu lenken. Die Kandidatenkür greift der Entwicklung eigentlich nur vor, Zirkelbildung ist angesagt, und in Thüringen wurde gerade der letzte Funke linker Identität verschenkt. Nicht ganz, in Brandenburg gibt es noch Verhandlungen, und es ist noch keine Entscheidung über eine mögliche Koalition gefallen. (...)

Zu denken gibt dieses der SPD scheinbar nichts, da wird sich lieber zurückgezogen, die eigene Basis nicht nur hintergangen, sondern auch übergangen und sich im Zirkelwesen geübt. Andererseits, wer braucht denn noch die alte SPD, eine neue Partei steht bereit, derselben Traditionslinie entsprungen. (...)


Und welche Aufgabe hatte die SPD eigentlich zu erfüllen? Ach ja, den Einfluß des Kapitals auf die Arbeiterklasse zu gewährleisten. Dafür ist sie zu weit nach rechts gerutscht, so verabschieden sich nach und nach die Anhänger aus dem linken Spektrum in Richtung Linkspartei, und der Gegenpart wendet sich direkt dem Original zu, was bleibt, ist ein bißchen Mitte, und die ist eh am Schrumpfen!

Th. Loch, per E-Mail

Keine Vorteile

Zu jW vom 5. Oktober: »Nötigung«

Werner Pirkers knapper, aber dennoch sehr aussagekräftigen Einschätzung des zweiten irischen Referendums – nunmehr für den Lissabon-Vertrag – stimme ich uneingeschränkt zu. Wir alle können gespannt sein, welche Folgen diese manipulierte Zustimmung für die EU-Staaten und vor allem für ihre Bürger haben wird. Fakt ist, daß bislang keine sichtbaren Vorteile für die EU-Bürger auszumachen sind, ja, nicht einmal eine größere Ausgewogenheit zu beobachten wäre. Jeder aber weiß, welche Unsummen an finan­ziellen Mitteln die Brüsseler EU-Bürokratie bisher verschlungen hat und das künftig weiter tun wird. Geld, das den EU-Staaten einfach verloren geht. Und daß die Brüsseler Bürokraten gar die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise mindern oder gar steuern könnte, daran glaubt niemand ernsthaft – im Gegenteil. Unter diesem Aspekt war das irische Votum in erster Linie ein Votum für ein »Weiter so!«, also für einen noch deutlicheren neoliberalen Wirtschaftskurs. Und darüber soll sich der »kleine« Bürger freuen?

Die Umverteilung des von den arbeitenden Menschen geschaffenen Volksvermögens von unten nach oben wird nun radikal weitergehen. Wir haben schon heute einen Zustand erreicht, der die sozialen Spannungen vehement wachsen läßt. Dieser Trend dürfte sich jetzt nachhaltig fortsetzen. Erstaunlich dabei ist, daß längst auch die Kirchen, die neben den Gewerkschaften eigentlich als soziales Gewissen in der Gesellschaft für den Ausgleich sorgen sollten, restlos gleichgeschaltet sind. (...)

Martin Runow, per E-Mail

Steigerung der Ausbeutungsrate

Zu jW vom 5. Oktober »BRD: Immer weniger Überstunden«

Wie es im Artikel dann auch heißt, geht es um die bezahlten Überstunden. Allerdings suggeriert die Überschrift, daß die Deutschen immer weniger Überstunden arbeiten, wobei doch das Gegenteil der Fall ist. Leider wurde hier wahrscheinlich die Agenturmeldung ungeprüft übernommen. (...)

Es handelt sich bei dem Phänomen ja um einen Aspekt der Steigerung der Ausbeutungsrate, was viel zu wenig thematisiert wird. Heute steht in vielen Arbeitsverträgen, egal in welcher Branche, gleich ein Passus zur Verpflichtung von unbezahlten Überstunden in ungenannter Zahl. Einen Anfang machte hier schon vor Jahren zumindest die Landesregierung NRW, die ihre LehrerInnen präventiv auf wöchentlich drei Unterrichtsstunden unbezahlte Mehrarbeit bei drohendem Unterrichtsausfall festlegte. (...)

Karla Leonartz Aksu, Voerde