Aus: Ausgabe vom 05.11.2009, Seite 12 / Feuilleton
Heine und Selden
In den meisten Literaturgeschichten ist sie in den
Fußnotenapparat verbannt – wo sie gemeinhin als
Heinrich Heines (1797–1856) letzte Muse, als bloßer
Anlaß für dessen Liebesgedichte an die
»Mouche« (Fliege) gewürdigt wird. Die
Schriftstellerin Elise Krinitz (1825–1896) alias Camille
Selden hatte ihn in seinem letzten Lebensjahr begleitet.
Seldens Leben und Werk hat Heidi Urbahn de Jauregui, bis zu ihrer Emeritierung Professorin für deutsche Literatur an der Universität Saint Etienne in Montpellier, in Form eines umfangreichen biographischen Romans dargestellt (siehe jW-Thema vom 6.7.). Er ist dieses Jahr unter dem Titel »Dichterliebe« im Verlag André Thiele erschienen. Entstanden ist dabei nicht nur ein überaus lesenswertes Porträt der Selden, die in der sächsischen Provinz geboren wurde und schon früh mit ihren Stiefeltern nach Paris übersiedelte, sondern zugleich ein Panorama der Epoche mit all ihren revolutionären Brüchen. Heines Werk innig verbunden, stieß sich Selden von überkommenen Konventionen ab, verbarg ihre Identität hinter wechselnden Pseudonymen, schlüpfte gar in männliche Kleidung. Dieses Rollenspiel gleichsam spiegelnd, läßt Urbahn de Jauregui die Lebensgeschichte der Selden von einem (gelehrten) Erzähler darstellen – dessen »typisch« männliches Bild der Schriftstellerin immer wieder von seiner Freundin im Dialog in spitzem Ton hinterfragt und ironisiert wird.
Heute abend stellt Heidi Urbahn de Jauregui »Dichterliebe« in der jW-Ladengalerie vor.(jW)
Seldens Leben und Werk hat Heidi Urbahn de Jauregui, bis zu ihrer Emeritierung Professorin für deutsche Literatur an der Universität Saint Etienne in Montpellier, in Form eines umfangreichen biographischen Romans dargestellt (siehe jW-Thema vom 6.7.). Er ist dieses Jahr unter dem Titel »Dichterliebe« im Verlag André Thiele erschienen. Entstanden ist dabei nicht nur ein überaus lesenswertes Porträt der Selden, die in der sächsischen Provinz geboren wurde und schon früh mit ihren Stiefeltern nach Paris übersiedelte, sondern zugleich ein Panorama der Epoche mit all ihren revolutionären Brüchen. Heines Werk innig verbunden, stieß sich Selden von überkommenen Konventionen ab, verbarg ihre Identität hinter wechselnden Pseudonymen, schlüpfte gar in männliche Kleidung. Dieses Rollenspiel gleichsam spiegelnd, läßt Urbahn de Jauregui die Lebensgeschichte der Selden von einem (gelehrten) Erzähler darstellen – dessen »typisch« männliches Bild der Schriftstellerin immer wieder von seiner Freundin im Dialog in spitzem Ton hinterfragt und ironisiert wird.
Heute abend stellt Heidi Urbahn de Jauregui »Dichterliebe« in der jW-Ladengalerie vor.(jW)
heute, 19 Uhr, jW-Ladengalerie, Torstr. 6, Berlin-Mitte
Mehr aus: Feuilleton
-
»Kreuze haben in staatlichen Schulen nichts verloren«
vom 05.11.2009 -
Immer noch die Möwensache
vom 05.11.2009 -
Wohlig erschöpft
vom 05.11.2009 -
Das Universalwerkzeug
vom 05.11.2009 -
Nachschlag: Wegelagerei
vom 05.11.2009 -
Vorschlag
vom 05.11.2009