Aus: Ausgabe vom 24.11.2009, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Literaturtipps
Flashmobs legal
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 22. September dieses Jahres, sogenannte Flashmob-Aktionen im Rahmen von Streiks für zulässig zu erklären, hat in bürgerlichen Medien für große Aufregung gesorgt. Einen »Freifahrschein in Sachen Arbeitskampf« für die Gewerkschaften sah die Frankfurter Allgemeine Zeitung in dem Beschluß. Dieser werde »das Wesen des Arbeitskampfs in diesem Land verändern«, sagte gar ein Kommentator der Süddeutschen Zeitung voraus. Künftig sei mit Eskalationen, Betriebsblockaden, also mit »Arbeitskämpfen auf französische Art« zu rechnen. Schön wär’s, könnte man dazu sagen.Tatsächlich sind die Folgen des Urteils jedoch keineswegs so weitreichend, wie die bürgerliche Klassenkampfrhetorik glauben machen will. Eine differenzierte und nüchterne Einschätzung liefert die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Mitbestimmung. Die Kritik an dem Urteil sei »völlig überzogen«, so IG-Metall-Justitiar Thomas Klebe im Interview. Denn die Zulässigkeit gewerkschaftlicher Flashmobs sei vom Gericht – das über eine Aktion im Rahmen des monatelangen Tarifkampfs im Berliner Einzelhandel zu befinden hatte, bei der ein paar Dutzend Kollegen vorübergehend einen Rewe-Markt lahmgelegt hatten – an klare Bedingungen geknüpft worden. So müßten Flashmobs »arbeitskampfbegleitend und verhältnismäßig« sein.
Klebe macht auch deutlich, daß das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit durch das Urteil nicht grundlegend zugunsten der Gewerkschaften verschoben wird. Im Gegenteil sei es gerade die u. a. durch die Globalisierung hervorgerufene Schwäche der Gewerkschaften, die neue Protestformen wie Flashmobs nötig mache.
(jW)
Mitbestimmung. Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 11/2009, 74 Seiten. Jahresabo: 50 Euro.
www.boeckler.de/107.html
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