Krenz-Prozeß vor dem Ende
Genau eine Woche vor der Verkündung des Urteils am kommenden Montag hielten die drei Angeklagten im sogenannten Politbüro-Prozeß ihre Schlußworte. Der ehemalige Staatsratsvorsitzende der DDR Egon Krenz, der Ex-Chef der Berliner SED Günter Schabowski sowie der Wirtschaftsfachmann Günther Kleiber werden von der Staatsanwaltschaft des Berliner Landgerichtes für den Tod von DDR-Flüchtlingen verantwortlich gemacht.
Krenz, der das ausführlichste Schlußwort verlas, erneuerte seinen Vorwurf, in den Prozessen gegen Bürger der DDR gehe es um eine politische Abrechnung. Das Gericht müsse ihn verurteilen, weil es an die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts gebunden sei. In diesen Urteilen triumphiere nicht das Recht über die Macht. »Die siegreiche Macht rächt sich an den Vertretern der besiegten Macht«, erklärte Krenz vor der 27. Großen Strafkammer.
Genau entgegengesetzt fiel das Statement von Günter Schabowski aus, der dem Gericht bescheinigte, »sachlich und fair« verfahren zu sein. Er verneige sich vor den Opfern und bitte die Angehörigen um Verzeihung. Günter Kleiber betonte, nicht das Politbüro, sondern drei Einzelpersonen stünden vor Gericht. Er persönlich habe den Tod junger Menschen weder verursacht noch gewollt.
Oberstaatsanwalt Bernhard Jahntz hatte für Krenz elf Jahre, für Schabowski neun Jahre und für Kleiber sieben Jahre und sechs Monate Haft beantragt. Die Anwälte der Angeklagten forderten jeweils Freispruch. Nebenkläger- Anwalt Hanns-Ekkehard Plöger hielt für jeden Angeklagten eine Strafe von acht Jahren und sechs Monaten für angemessen.
(jW)
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