Aus: Ausgabe vom 08.05.2010, Seite 12 / Feuilleton
Geehrte Nazis
Im sächsischen Torgau, wo 1945 Rote Armee und US-Armee
aufeinandertrafen, wird am Sonntag eine Gedenkstätte feierlich
eröffnet. Die zuständigen Erinnerungspolitiker haben
durchgesetzt, daß Naziopfer in diesem Fort Zinna nur zusammen
mit Nazis geehrt werden dürfen. Die durch diese Regelung
gedemütigte »Bundesvereinigung Opfer der
NS-Militärjustiz« will bei der Eröffnung
protestieren. »Das ist und bleibt ein Schandmal«, sagt
ihr Vorsitzender Ludwig Baumann, der 1942 aus der faschistischen
Armee desertieren wollte, dafür zum Tode verurteilt und in
Fort Zinna inhaftiert wurde, wo er als einer von über 60000
wegen Verrats, Wehrkraftzersetzung oder Desertion Verurteilten
unter schlimmsten Haftbedingungen litt. Etwa 1000 von ihnen wurden
in Torgau hingerichtet. Bisher haben die Opfer der
Bundesvereinigung hier »nicht einmal einen Platz, wo wir
Blumen ablegen können«, sagt Baumann.
Im Fort Zinna wird nun ab Sonntag auch der Insassen zweier sowjetischer Speziallager gedacht, die von 1945 bis 1948 eingerichtet waren. Hier litten »Menschen, die persönlich Verantwortung für Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus trugen«, besagt eine Informationstafel. Baumann ist das zu vage. Er einigte sich im Februar mit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten auf eine Ergänzung. Es sollte ausgewiesen werden, daß zu den Gefangenen der beiden Speziallager auch Kriegsrichter und andere Angehörige des NS-Repressionsapparates gehörten, die für die Verfolgung der Militärjustizopfer Verantwortung trugen. Die ergänzte Tafel werde »zum Zeitpunkt der Eröffnung fertiggestellt«, versicherte die Stiftung. Vor kurzem hat ihr Geschäftsführer Siegfried Reiprich nun an Baumann geschrieben, daß »der Zeitpunkt, an dem eine erneuerte Tafel in Produktion gegeben werden sollte«, leider überschritten sei. Der Historiker Werner Bramke, ehemals Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Stiftung, hält den »Affront gegen eine Opfergruppe« für »nicht hinnehmbar«. Die SPD-Politikerin Eva-Maria Stange, die dem Stiftungsbeirat als sächsische Wissenschaftsministerin bis 2009 vorstand, hält es dagegen für »richtig, daß die Einweihung jetzt erfolgt«. Die Gestaltung der Gedenkstätte sei »ein vernünftiger Kompromiß«. Baumann: »Wir werden weiter kämpfen.« (ddp/jW)
Im Fort Zinna wird nun ab Sonntag auch der Insassen zweier sowjetischer Speziallager gedacht, die von 1945 bis 1948 eingerichtet waren. Hier litten »Menschen, die persönlich Verantwortung für Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus trugen«, besagt eine Informationstafel. Baumann ist das zu vage. Er einigte sich im Februar mit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten auf eine Ergänzung. Es sollte ausgewiesen werden, daß zu den Gefangenen der beiden Speziallager auch Kriegsrichter und andere Angehörige des NS-Repressionsapparates gehörten, die für die Verfolgung der Militärjustizopfer Verantwortung trugen. Die ergänzte Tafel werde »zum Zeitpunkt der Eröffnung fertiggestellt«, versicherte die Stiftung. Vor kurzem hat ihr Geschäftsführer Siegfried Reiprich nun an Baumann geschrieben, daß »der Zeitpunkt, an dem eine erneuerte Tafel in Produktion gegeben werden sollte«, leider überschritten sei. Der Historiker Werner Bramke, ehemals Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Stiftung, hält den »Affront gegen eine Opfergruppe« für »nicht hinnehmbar«. Die SPD-Politikerin Eva-Maria Stange, die dem Stiftungsbeirat als sächsische Wissenschaftsministerin bis 2009 vorstand, hält es dagegen für »richtig, daß die Einweihung jetzt erfolgt«. Die Gestaltung der Gedenkstätte sei »ein vernünftiger Kompromiß«. Baumann: »Wir werden weiter kämpfen.« (ddp/jW)
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