Aus: Ausgabe vom 02.06.2010, Seite 13 / Feuilleton
Louise Bourgeois tot
Die Bildhauerin Louise Bourgeois ist am Montag im Alter von 98
Jahren in New York City gestorben. Ihr Erfolg sei so spät
gekommen, daß er sie nicht mehr umbringen konnte, hat
Bourgeois einmal gesagt. Er kam mit der ersten Retrospektive des
Werks einer Frau im New Yorker Museum of Modern Art 1982. Bourgeois
wurde 1911 in Paris geboren. Nach einem Studium der Mathematik an
der Sorbonne nahm sie ab Mitte der 30er Jahre Kunstunterricht, u.a.
bei Fernand Léger. Ende der 30er ging sie nach New York. Ab
1945 befaßte sie sich mit der »Femme Maison«,
deren Zuhause ein Gefängnis ist. Sie schuf nackte weibliche
Körper, auf deren Köpfe Häuser gestülpt sind.
Kopflose, eingesperrte und schutzlose Gestalten. 1974 entstand das
altarähnliche Werk »Destruction of the father«. In
rotem Licht befaßte sich der Vater als Kannibale mit
lebensgroßen Puppen der Künstlerin, die aus Stofffetzen
genäht und mit üppigen Brüsten, Stummelarmen und
unübersehbaren Genitalien ausgestattet waren. Als die
Feministin zu Weltruhm gelangt war, fertigte sie riesige
»Maman«-Spinnen aus Stahl an. In Berlin sind weniger
populäre Arbeiten von Bourgeois, die eine Zeitlang den
Surrealisten nahestand, noch bis 15. August in der Ausstellung
»Double Sexus« zu besichtigen. (jW)
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