Aus: Ausgabe vom 29.06.2010, Seite 13 / Feuilleton
Knaack ohne Bässe
Von Marc Diesen
Der Berliner Knaack-Klub kämpft mit den aufstürzenden
Neubauten in seiner Nachbarschaft – Gentrification für
jedermann. In Zeiten der zunehmenden Verschwabung des Prenzlauer
Bergs hat man dem seit 1952 bestehenden Veranstaltungsort in
unmittelbarer Nachbarschaft ein Wohnhaus hingestellt, dessen
Bewohner über zuviel Lärm jammern, denn sie sind ja in
der Stadt und neben einem Musikklub, und da wollen sie nichts
anderes als ihre Ruhe, ist doch klar. Das Oberverwaltungsgericht
verdonnerte den Klub zur Begrenzung der Lautstärke und
Einengung des Frequenzspektrums. Alle Floors außer einem
mußten geschlossen werden. Bässe wurden verboten, statt
dessen mußte ein spezieller Fußboden eingebaut werden,
der Bässe durch Vibrationen simuliert. 260000 Euro pro Etage
würde es kosten, von einem baulichen Vakuum umgebene,
freischwebende Räume einzubauen, um die
Lärmbelästigung »wahrscheinlich« zu
unterbinden. Soviel Geld hat das Knaack nicht, schon gar nicht nach
der Schließung fast aller Floors und dem daraus erfolgten
Einbruch der Einnahmen, teilten die Betreiber auf einer
Pressekonferenz am Donnerstag mit. Juristisch sei gegen die
Bestimmungen nichts zu unternehmen, auch wenn augenscheinlich
Baumängel beim Neubau vorliegen würden. Stumpe (Foto),
Sänger von Knorkator, der im Knaack seine ersten Proben und
Auftritte hatte, sagt: »Wir werden kämpfen«. Wie
dieser Kampf genau aussieht, ist nicht ganz klar.
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