Aus: Ausgabe vom 02.07.2010, Seite 3 / Schwerpunkt
»... nicht das Ende von Rot-Rot-Grün«
Halina Wawzyniak, stellvertretende Vorsitzende der Partei Die Linke, schrieb am Donnerstag auf ihrer Internetseite unter dem Titel »Rot-Rot-Grün mit leichter Verspätung«:
Weil die Wahl des einflußlosen, aber medial gehypten Grüßonkels etwas länger als geplant dauerte, verzögerte sich auch Rot-Rot-Grün. Gestern nämlich fand das rot-rot-grüne Sommerfest statt, in welchem das Papier »Das Leben ist bunter« vorgestellt wurde. (…) Für die Veranstaltung hatten die verschiedenen Einlader/innern aus SPD, Grünen und Linken privat zusammengelegt. Eigentlich wollten wir eine Podiumsdiskussion machen (...). Doch nach 21.00 Uhr wäre das wohl zuviel gewesen. Deshalb gab es nur kurze Statements und danach viele Gespräche.
Dringend notwendig, denn die Generation Ü 50 (und das steht jetzt eher für einen bestimmten Politiker/innen-Typ denn wirklich für das Alter) hat es gestern gezeigt – sie schafft nicht, was auf der Tagesordnung steht: Reden, ausloten, wo Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen, Verläßlichkeit herstellen und auch deutlich zu machen, wo bei wem welche Schmerzgrenze erreicht ist. Damit wollen und müssen wir anfangen, gerade nach dem gestrigen Tag.
Dieser nämlich war dann doch aufregender als gedacht. Medial gibt es zwei zentrale Vorwürfe an die Linke. Der erste ist, die Linke toleriere durch Enthaltung Wulff. Tolerieren heißt doch aber, daß jemand, der toleriert werden will, auf jemanden anderen angewiesen ist. Das war Wulff aber nicht (...). Der zweite Vorwurf sei, die Linke hätte mit einem symbolischen Akt sich endlich von ihrer Vergangenheit befreien können. Ich will mich von meiner Vergangenheit nicht befreien, weil es etwas von weglegen hat. (...)
Und dann ist immer die Frage, warum Linke nicht Gauck gewählt hat (...). Sagen wir mal so, ich rede hier nicht für die Linke. Aus meiner Sicht war die Strategie der Grünen klar, der sich die SPD kleinlaut angeschlossen hat. Wir spekulieren auf das bürgerliche Lager. (...) Ein Symbol für Rot-Rot-Grün ist Joachim Gauck nicht. Angefangen damit, daß Rot-Rot-Grün im Umgang miteinander so nicht funktioniert, wären Gaucks Inhalte keine rot-rot-grünen. Aber geschenkt. Es ist ja durchaus eine taktische Überlegung wert, der Regierung eine mitzugeben, (...) und deshalb Gauck zu wählen – zumal er ja eh nicht mehr als ein Grüßonkel ist. Diese Überlegung fand ich ziemlich überzeugend und war mir bis zum Dienstag sicher, im dritten Wahlgang bekommt Gauck meine Stimme. Doch nach seinem Auftritt in der Fraktion war mir klar, es geht nicht – so leid es mir tut. (...)
Die Entscheidung zur Grüßonkel-Wahl ist aber nicht das Ende von Rot-Rot-Grün, sondern vielleicht ein Anfang. (...) Die Zeit ist reif!
Ähnliche:
- 01.07.2010
Streßtest für Merkel
- 16.06.2010
Umsturzplan
- 10.06.2010
»Eine Politik, die den Schwachen helfen will«
Mehr aus: Schwerpunkt
-
Nicht Marx, nicht Gauck
vom 02.07.2010