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Aus: Ausgabe vom 24.07.2010, Seite 6 / Ausland

Türkei: Kinder keine Terroristen mehr

Von Nick Brauns
Ankara. Kinder, die auf Demonstrationen mit Steinen auf die Polizei geworfen haben, sollen in der Türkei zukünftig nicht mehr wie Erwachsene zu langjährigen Haftstrafen als »Terroristen« verurteilt werden. Ein entsprechender Antrag der islamisch-konservativen AKP-Regierung zur Änderung des Antiterrorgesetzes wurde in dieser Woche vom türkischen Parlament mit Unterstützung der kemalistischen und prokurdischen Oppositionsfraktionen, aber gegen die Stimmen der faschistischen MHP beschlossen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) in der Türkei wertete die Änderungen am Donnerstag als »großen Fortschritt«.

2600 kurdische Kinder und Jugendliche, die während militanter Proteste gegen die türkische Kurdenpolitik festgenommen worden sind, sitzen in türkischen Gefängnissen. 700 von ihnen wurden bereits als »Terroristen« zu langjährigen Haftstrafen von zum Teil über 20 Jahren verurteilt. Die jüngsten der inhaftierten Kinder sind erst elf Jahre alt.

International bekannt wurde insbesondere der Fall der 15jährigen Berivan aus Batman, die im vergangenen Oktober verhaftet wurde, nachdem sie zufällig in eine Demonstration für die Freilassung von PKK-Führer Abdullah Öcalan geraten war. Weil sie dort einen Stein geworfen haben soll, wurde sie unter dem Vorwurf der PKK-Mitgliedschaft zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt und sitzt seitdem im E-Typ-Gefängnis von Diyarbakir.

Erst diese Woche ist der 16jährige Mazlum Ihlamu, der bei einer Demonstration zum Frauentag am 8. März in Diyarbakir festgenommen wurde, wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft angeklagt worden. Unter Schlägen und Drohungen hatte die Polizei den Jugendlichen gezwungen, ein Geständnis zu unterschreiben. Die Staatsanwaltschaft fordert 46 Jahre Haft.