Springer-Blatt droht Krenz mit Prügel
Boulevard-Kampagne gegen inhaftierten Ex-SED- Generalsekretär. jW-Bericht
Gibt es bei »Bild« bald Prügelprämien oder weiß die Zeitung einfach nicht mehr, was sie über das inhaftierte ehemalige DDR-Staatsoberhaupt Egon Krenz schreiben soll? Krenz- Anwalt Robert Unger favorisierte am Freitag die zweite Variante, nachdem das Springer-Massenblatt mit der Schlagzeile erschienen war: »Knast-Schläger warnen Krenz. >Eine Extra-Wurst und du bist dran!<« Ihm sei nichts bekannt, das auf einen Wahrheitsgehalt der Bild-Geschichte hinwiese, sagte Unger gegenüber jW. Allerdings könne Egon Krenz nun Probleme bekommen, weil Mithäftlinge sich diffamiert fühlen müßten.
Was Bild da in Millionenauflage unters Volk brachte, liest sich allerdings wie blanke Nun-schlagt-doch-endlich-zu-Hetze. Egon Krenz, der am Montag auf Anweisung des Berliner Regierenden Bürgermeisters und Justizsenators Eberhard Diepgen in das Gefängnis Berlin-Plötzensee verlegt worden war, stehe in der »Knast-Hierarchie« als »Kommunist neben Kinderschändern und Vergewaltigern auf einer Stufe - gaaanz, gaaanz unten«. Wenn Krenz demnächst Freigang bekäme, wäre das »die Extrawurst« und der Grund für Prügel. Dazu stellte Bild ein Foto von einem angeblichen Gefangenen, der mit der Faust droht. Bildunterschrift: »Der muß aufpassen, daß er sich nicht ein paar Dinger einsteckt«.
In der Realität sieht's mit der »Extra-Wurst« für Egon Krenz allerdings ein bißchen anders aus. Bevor das Verfahren für einen eventuellen Freigang in Gang kommt, will die Justizverwaltung von einem Psychologen bestätigt sehen, daß der 62jährige ehemalige SED-Generalsekretär außerhalb des Gefängnisses keine Gewalttaten begeht. Solch eine Prüfung war bisher noch bei keinem der von der bundesdeutschen Justiz zu Haftstrafen verurteilten DDR-Politiker angestrengt worden.
Artikel-Länge: 1756 Zeichen
Uneingeschränkter Zugriff auf alle Inhalte: Erleben Sie die Tageszeitung junge Welt in gedruckter oder digitaler Form – oder beides kombiniert.
Nachrichtenauswahl und -aufbereitung erfordern finanzielle Unterstützung. Die junge Welt finanziert sich größtenteils durch Abonnements. Daher bitten wir alle regelmäßigen Leser unserer Artikel um ein Abonnement. Für Neueinsteiger empfehlen wir unser Online-Aktionsabo: Einen Monat lang die junge Welt als Onlineausgabe bereits am Vorabend auf jungewelt.de und als App für nur sechs Euro lesen. Das Abo endet automatisch, keine Kündigung erforderlich.
Dein Abo zählt!
Weitere Optionen unter: www.jungewelt.de/abo.
Abo abschließen
Gedruckt
Sechs mal die Woche: Hintergrund und Analysen, Kultur, Wissenschaft und Politik. Und Samstag acht Seiten extra.
Verschenken
Anderen eine Freude machen: Verschenken Sie jetzt ein Abonnement der Printausgabe.