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Aus: Ausgabe vom 28.08.2010, Seite 16 / Aktion

jW-Sommerakademie

Lektion 11: Vorratsdatenspeicherung
Vorratsdatenspeicherung, die (w.): bezeichnet im engeren Sinn die Verpflichtung der Anbieter von Telekommunikationsdiensten zur Registrierung von elektronischen Kommunikationsvorgängen. Ohne daß ein Anfangsverdacht oder eine konkrete Gefahr besteht, sollen bestimmte Daten gespeichert werden. Nach einem Gesetz, das CDU, CSU und SPD am 9. November 2007 gegen die Stimmen von FDP, Grüne und Linkspartei beschlossen haben, war vom 1. Januar 2008 bis 2. März 2010 nachvollziehbar, wer mit wem in den zurückliegenden sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder wer das Internet genutzt hat. Bei Mobilgesprächen und SMS wurde auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten – für Polizei und Geheimdienste, auch ausländische. »Ich weiß, mit wem du letzten Sommer telefoniert hast«, hieß es ironisch auf Plakaten der Datensammelgegner. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Spuk ein Ende bereitet und das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung aufgehoben. Praktisch für die Bundesregierung: Eine EU-Richtlinie verpflichtet Deutschland zur Wiedereinführung eines Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung. Die Unionsparteien feilen bereits daran.

Werden erst einmal die Daten der gesammten Bevölkerung gespeichert, können Bewegungsprofile erstellt und Freundschaftsbeziehungen ausgemacht werden. Rückschlüsse auf persönliche Interessen und die Lebenssituation des einzelnen, die Dritte im Zweifelsfall nichts angehen, werden möglich. All das, was die Privatwirtschaft – wenn auch nicht flächendeckend für alle – heute schon realisiert: Millionen machen sich freiwillig nackt im Netz, selbst Linke: Beim Chat und Terminplanen via Facebook, meinVZ und wie die »soziale Netzwerke« genannten Datensammelkraken sonst noch alle heißen … Ist ja so schön praktisch. (rg)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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