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Aus: Ausgabe vom 11.09.2010, Seite 16 / Aktion

In wessen Interesse?

Die Lateinamerika-Politik der Bundesregierung ist doppelzüngig. Wir unterstützen eine eigenständige Kultur. jW-Ladengalerie zeigt Filme aus Argentinien und Kuba
Am 4. August 2010 leitete Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) in Vertretung von Angela Merkel erstmals eine Kabinettssitzung. Dort wurde das Lateinamerika-Konzept der Regierung beschlossen. Westerwelle nannte den Subkontinent eine Weltregion, die in Europa unterschätzt werde. Sie sei einer der dynamischsten Wachstumsmärkte. Man müsse »klug genug sein, dabei zu sein, in unserem beiderseitigen Interesse«. Was er damit meint, hatte er bereits kurz nach Amtsantritt bei einem Besuch in Südamerika gezeigt. Begleitet worden war er von Vertretern der deutschen Industrie, die dort ihre Geschäfte ausweiten wollen. Es geht um große Rohstoffvorkommen und Absatzmärkte für deutsche Exportprodukte. Und darum, sich auf diesen Märkten gegen Konkurrenz aus anderen großen Industrienationen »besser aufzustellen«.

Die Richtung ist klar: Deutsche Außenpolitik vertritt vor allem die Interessen der exportorientierten Industrie auch in dieser Region. Deren Staaten und Völker lernen aber immer mehr, ihre eigenen Interessen wirksam zu vertreten, indem sie sich zu Handelsbündnissen zusammenfinden. Dazu gehört auch ALBA, die Bolivarische Allianz für die Völker Unseres Amerikas, der unter anderem Kuba, Venezuela, Ecuador und Bolivien angehören. Ziel ist es, die Nutzung von Rohstoffen und Märkten nicht länger den großen Industrienationen zu überlassen, aber auch eine gerechte und soziale Entwicklung im Lande zu ermöglichen.

Das meint Westerwelle natürlich nicht, wenn er von »beiderseitigem Interesse« spricht. Er sieht dort keine echte Demokratie, sondern diktatorische Strukturen und populistische Politik. Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung schreibt auf ihrer Website, daß sie »mit Sorge einen fundamentalen Wandel auf dem Kontinent beobachtet, nachdem sich zwei Jahrzehnte lang Land um Land der Demokratie und der Marktwirtschaft zuzuwenden schienen. Nun werden diese Errungenschaften herausgefordert, sehen sich die Verfechter liberaler Demokratie radikalen autoritären Populisten gegenüber.« Grund genug für die Kämpfer der Stiftung, sich massiv in Wahlkämpfe einzumischen. So berichtet sie zum Beispiel stolz, in Brasilien bis Juni 2010 nicht weniger als 32 Veranstaltungen für neoliberale Kandidaten durchgeführt zu haben, obwohl »sowohl die deutsche als auch die brasilianische Gesetzgebung eine Einmischung in den Wahlkampf verbietet«, wie man auf www.freiheit.org nachlesen kann.


Gegen solche Politik positionieren wir uns und setzen in solidarischer Verbundenheit mit linken Regierungen in Lateinamerika eigene Akzente– zum Beispiel mit Veranstaltungen in der jW-Ladengalerie. Am heutigen Samstag laden wir ab 14 Uhr zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum Tag des Lateinamerikanischen Spielfilms ein. Gezeigt werden drei argentinische, auf Festivals ausgezeichnete Gegenwartsfilme: »Das Opferlamm« (2008), »Der Glasbehälter« (2008) sowie »Martin (Hache)« (1997). Gegenwart und Geschichte Argentiniens können in den Beziehungen der Filmfiguren hautnah erlebt werden. Am Abend spielt das Duo »Mary & SilenTone« Soul, Jazz und Latino, dazu gibt es einen kleinen Imbiß und allerlei Getränke. Am 29. September, um 19 Uhr präsentieren wir den Film »Zucker und Salz – Vier Freundinnen leben 50 Jahre kubanische Revolution« (BRD/Kuba 2010). Zwei der porträtierten Frauen, María de los Angeles und Elena Aragón, sind eingeladen, um zusammen mit dem Filmenacher Tobias Kriele mehr von ihrer kubanischen Wirklichkeit zu vermitteln. Alle Interessierten sind willkommen, um mehr zu erfahren: über das sozialistische Kuba, Lateinamerika, Revolution, Freunschaft, Solidarität und darüber, wie man ¡Basta! sagt.

Verlag und Redaktion
Tag des Lateinamerikanischen Spielfilms, Samstag, 11.9., ab 14 Uhr, jW-Ladengalerie, Torstraße 6, 10119 Berlin (Nähe Rosa-Luxemburg-Platz)
Filmvorführung: »Zucker und Salz– Vier Freundinnen leben 50 Jahre kubanische Revolution«, Mittwoch, 29.9., 19 Uhr, jW-Ladengalerie, Torstraße 6, 10119 Berlin (Nähe Rosa-Luxemburg-Platz)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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