Aus: Ausgabe vom 15.09.2010, Seite 3 / Schwerpunkt
Aktuelles
Die EU wirft Frankreich wegen der gezielten Massenabschiebungen von
Roma eine Mißachtung der europäischen Grundwerte und
Gesetze vor. Justizkommissarin Viviane Reding brandmarkte das
französische Vorgehen am Dienstag als »Schande«
und kündigte rechtliche Schritte an. Sie sei nicht nur
entsetzt darüber, daß Menschen allein aufgrund ihrer
Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit ausgewiesen
würden. Sie sei auch schockiert darüber, von der
französischen Regierung belogen worden zu sein.
Grund für die scharfe Verurteilung ist eine Dienstanweisung des Büroleiters von Innenminister Brice Hortefeux. Darin werden die Behörden aufgefordert, »systematisch« unzulässige Lager zu »zerstören«, und zwar »zuerst die der Roma«. Die Anweisung stammt vom 5. August, wurde aber erst am Wochenende von französischen Medien veröffentlicht. Sie belegt eindeutig das gezielte Vorgehen gegen die Minderheit der Roma. Genau das hatten Einwanderungsminister Eric Besson und Europaminister Pierre Lellouche in einem Treffen mit Reding am 2. September in Brüssel in aller Form abgestritten. Sie könne nur ihr tiefes Bedauern darüber ausdrücken, daß die politischen Zusicherungen zweier Minister in klarem Widerspruch zu einer Anweisung derselben Regierung stünden, erklärte die EU-Kommissarin nun. Das sei »nicht nur ein geringfügiges Vergehen, das ist eine Schande«. Daß Menschen nur wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit abgeschoben werden: Sie habe nicht gedacht, daß Europa so etwas nach dem Zweiten Weltkrieg noch einmal miterleben müsse.
Paris reagierte »mit Erstaunen« auf die Äußerungen aus Brüssel. »Wir denken nicht, daß man mit derartigen Erklärungen die Lage der Roma verbessern kann, die im Herzen unserer Sorgen und Handlungen stehen«, äußerte Außenamtssprecher Bernard Valero.
Innenminister Hortefeux unterzeichnete am Montag zwar eine neue Dienstanweisung, in der die Volksgruppe der Roma nicht mehr auftaucht. Für Reding kommt dies aber zu spät. »Ich bin persönlich überzeugt, daß die Kommission keine Wahl hat, als ein Vertragsverletzungsverfahren zu eröffnen«, betonte sie. Die EU-Richtlinie zur Freizügigkeit werde auf diskriminierende Weise angewendet und Schutzgarantien mißachtet.
Von verschiedenen Abgeordneten des EU-Parlaments wurde die Ankündigung rechtlicher Schritte begrüßt und zur Eile gemahnt. »Jeder Tag der Untätigkeit bedeutet einen weiteren Tag, an dem Frankreich seine verabscheuungswürdigen und rassistischen Maßnahmen gegen die Roma fortsetzen kann«, erklärte z. B. der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit. (dapd/jW)
Grund für die scharfe Verurteilung ist eine Dienstanweisung des Büroleiters von Innenminister Brice Hortefeux. Darin werden die Behörden aufgefordert, »systematisch« unzulässige Lager zu »zerstören«, und zwar »zuerst die der Roma«. Die Anweisung stammt vom 5. August, wurde aber erst am Wochenende von französischen Medien veröffentlicht. Sie belegt eindeutig das gezielte Vorgehen gegen die Minderheit der Roma. Genau das hatten Einwanderungsminister Eric Besson und Europaminister Pierre Lellouche in einem Treffen mit Reding am 2. September in Brüssel in aller Form abgestritten. Sie könne nur ihr tiefes Bedauern darüber ausdrücken, daß die politischen Zusicherungen zweier Minister in klarem Widerspruch zu einer Anweisung derselben Regierung stünden, erklärte die EU-Kommissarin nun. Das sei »nicht nur ein geringfügiges Vergehen, das ist eine Schande«. Daß Menschen nur wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit abgeschoben werden: Sie habe nicht gedacht, daß Europa so etwas nach dem Zweiten Weltkrieg noch einmal miterleben müsse.
Paris reagierte »mit Erstaunen« auf die Äußerungen aus Brüssel. »Wir denken nicht, daß man mit derartigen Erklärungen die Lage der Roma verbessern kann, die im Herzen unserer Sorgen und Handlungen stehen«, äußerte Außenamtssprecher Bernard Valero.
Innenminister Hortefeux unterzeichnete am Montag zwar eine neue Dienstanweisung, in der die Volksgruppe der Roma nicht mehr auftaucht. Für Reding kommt dies aber zu spät. »Ich bin persönlich überzeugt, daß die Kommission keine Wahl hat, als ein Vertragsverletzungsverfahren zu eröffnen«, betonte sie. Die EU-Richtlinie zur Freizügigkeit werde auf diskriminierende Weise angewendet und Schutzgarantien mißachtet.
Von verschiedenen Abgeordneten des EU-Parlaments wurde die Ankündigung rechtlicher Schritte begrüßt und zur Eile gemahnt. »Jeder Tag der Untätigkeit bedeutet einen weiteren Tag, an dem Frankreich seine verabscheuungswürdigen und rassistischen Maßnahmen gegen die Roma fortsetzen kann«, erklärte z. B. der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit. (dapd/jW)
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