Spekulationen um Nukleartest
Der russische Atomenergieminister Wjatscheslaw Michailow hat am Freitag Verdächtigungen zurückgewiesen, wonach Rußland vor zwei Wochen möglicherweise einen unterirdischen Atomtest durchgeführt hat. »Ein normales Erdbeben der Stärke eins bis zwei hat sich in der Karasee ereignet, 100 Kilometer von Nowaja Semlja entfernt«, zitierte die Nachrichtenagentur Itar-Tass Michailow. Es handele sich bei der Karasee um ein erdbebengefährdetes Gebiet. Das Testgelände in Nowaja Semlja sei geschlossen worden, und Rußland halte sich strikt an den internationalen Vertrag über ein Atomtestverbot, betonte der Minister.
Die USA hatten zuvor von dem Beben berichtet und erklärt, dabei könne es sich auch um die Auswirkungen eines unterirdischen Atomtests gehandelt haben. Wie Sprecher des US-Außen- und des Verteidigungsministeriums am Donnerstag erklärten, deuteten erste Analysen auf eine unterirdische Explosion in der Nähe der Insel Nowaja Semlja im Norden Rußlands hin. Die Daten würden aber noch ausgewertet, ein konkretes Ergebnis gebe es nicht, sagte Pentagonsprecher Michael Doubleday. Ein Vorwurf an die russische Regierung wurde nicht erhoben. Die Zeitung Washington Times berichtete, der Erdstoß lasse auf eine Explosion schließen, die 100 bis 1 000 Tonnen des herkömmlichen Sprengstoffs TNT entspreche.
Das US-Verteidigungsministerium war sich nach Angaben eines Sprechers am Donnerstag nicht völlig sicher, daß das Beben in der Arktis tatsächlich von einer Testbombe ausgelöst wurde. Laut Regierungssprecher Joe Lockhart stand Washington in der Angelegenheit mit Moskau in Kontakt.
Auch die norwegische Regierung forderte von Moskau eine Erklärung für das Beben. Das norwegische Fernsehen berichtete, vor zwölf Tagen habe es ein Beben der Stärke 3,5 in der Nähe des 1990 geschlossenen Atomversuchsgeländes gegeben. Das norwegische Außenministerium habe zwar schon am Montag in Moskau angefragt, dort hätten aber keine Information vorgelegen.
In einem Abkommen haben sich die USA, Rußland und viele weitere Länder zur Einstellung aller unterirdischen Atomtests verpflichtet. Der Vertrag wurde bislang allerdings weder in Washington noch in Moskau ratifiziert.
Anfang Juli hatten die USA ein Atomexperiment vorgenommen, obwohl sie ebenfalls das Teststoppabkommen unterzeichnet haben. Der unterirdische Versuch mit konventionellem Sprengstoff, der einer Computersimulation diente, war international auf heftige Kritik gestoßen. Die USA erklärten jedoch, daß keine nukleare Kettenreaktion stattgefunden habe und damit auch kein Verstoß gegen das Atomtestverbot vorliege.
(AP/AFP/jW)
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