Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 29.11.2010, Seite 3 / Schwerpunkt

Dokumentiert: Auszug aus der Rede Alfred Grossers

(…) Am 3. Februar 1968 wurde das schön restaurierte Palais Beauharnais, die Residenz der deutschen Botschafter in Paris, eingeweiht. Beim Ausgang erhielt man eine Broschüre. Am nächsten Tag schrieb ich (auf Französisch) dem damaligen Botschafter: »Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr mich die Lektüre verletzt hat. Seit zwanzig Jahren versuche ich, trotz alldem, was meine Familie und ich selbst erlebt haben, in Frankreich das Bild eines neuen Deutschlands durchzusetzen, weil ich glaube, daß es dieses neue Deutschland gibt. Nun geben mir der Beitrag des Grafen von Welczeck und auch Ihre Zustimmung, die Ihr Vorwort zu enthalten scheint, Grund, daran zu zweifeln.

Hitler zu dienen war also ein diplomatischer Dienst wie irgend­ein anderer... Und vor allem, wie ist es möglich, vom Attentat gegen den Botschaftsrat vom Rath sprechen, ohne auch nur ein Wort über die ›Kristallnacht‹ zu verlieren, die darauf gefolgt ist? Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich bestürzt über die Ahnungslosigkeit, die in einem solchen Text zum Ausdruck kommt.«

Der Botschafter fragte seine Mitarbeiter, wie er mich bestrafen könne. Die sagten ihm, ich hätte doch recht – und die Broschüre verschwand.


Es hat manchmal lange gedauert, bis die Erinnerung wirklich wachgerufen wurde. Erst 1998 durfte ich hier in Frankfurt zusammen mit Ignaz Bubis die Tafel einweihen, die am Clementine-Kinderkrankenhaus angebracht wurde, das mein Vater bis 1933 gleitet hatte. (…) Die katholischen Bischöfe haben erst 1975 einen wirklich schönen Text beschlossen, in dem es heißt: »Wir sind das Land, dessen jüngste politische Geschichte von dem Versuch verfinstert ist, das jüdische Volk systematisch auszurotten. Und waren in dieser Zeit des Nationalsozialismus, trotz beispielhaften Verhaltens einzelner Personen und Gruppen, aufs Ganze gesehen eine kirchliche Gemeinschaft, die zu sehr mit dem Rücken zum Schicksal dieses verfolgten jüdischen Volk weiterlebte, (…)«

Damals, nach dem 9. November 1938, hatte es Dinge wie den Aufruf des Landeskirchenrats der Tübinger Kirche gegeben, »am Bußtag in allen Gottesdiensten zu verlesen«: »Der feige Mord eines Juden an dem Gesandtschaftsrat vom Rath in Paris hat unser gesamtes deutsches Volk auf tiefste empört. (…) Es geht um den weltgeschichtlichen Kampf gegen den volkszersetzenden Geist des Judentums. Der Nationalsozialismus hat in unserer Zeit diese Gefahr am klarsten erkannt... Aufgabe der Kirche in Deutschland ist es, aus christlicher Verantwortung in diesem Kampf treu an der Seite des Führers zu stehen.« (…)

Vollständiger Text:www.palaestina-portal.de

Mehr aus: Schwerpunkt