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Aus: Ausgabe vom 04.12.2010, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Handlungsbedarf

Erschließung – das ist das Zauberwort in der Debatte über eine Organisationsreform der IG Metall. Gemeint ist die Gewinnung neuer Mitglieder. Das ist in der Tat dringend nötig. Zwar hatte sich die mit 2,26 Millionen Beitragszahlern (Stand Ende 2009) immer noch weltweit größte Industriegewerkschaft zahlenmäßig zuletzt stabilisiert. Doch der längerfristige Trend ist mit einem Minus von 420000 Mitgliedern seit 1990 dramatisch.

Es besteht also Handlungsbedarf – darin sind sich alle Metaller einig. Mit der maßgeblich von Vizechef Detlef Wetzel vorangetriebenen Organisa­tionsreform sind dennoch viele unzufrieden. Was als Dezentralisierung und Stärkung der örtlichen Verwaltungsstellen daherkomme, sei letztlich doch eine Zentralisierung politischer Macht durch finanzielle Abhängigkeit, meinen einige. Schließlich wird zentral entschieden, welche Projekte zusätzliche Mittel aus den »Investitionsfonds« erhalten. Dadurch und im Zuge der von Wetzel propagierten Konzentration auf den Betrieb befürchten manche eine weitere Entpolitisierung. Ein Rückzug auf die Betriebs- und Tarifpolitik als gewerkschaftliches »Kerngeschäft« wäre fatal und liefe auf eine »halbierte Interessenvertretung« hinaus. Schließlich sind die Bedingungen der Betriebsarbeit zu weiten Teilen gesellschaftspolitisch determiniert. Andererseits ist klar, daß Gewerkschaften ohne betriebliche Mobilisierungsfähigkeit keine gesellschaftspolitische Durchsetzungsmacht entwickeln können.

Versteht sich die IG Metall als verlängerter Arm von Betriebsratsfürsten, die ihre Hauptaufgabe in der Stärkung »ihres« Standortes sehen? Oder geht es ihr vor allem um die Organisation von Klasseninteressen über Betriebs- und Ländergrenzen sowie unterschiedliche Beschäftigungsformen hinweg? Von diesen politischen Fragen ist die Diskussion um den Umbau der Organisa­tionsstrukturen nicht zu trennen.

(dab)

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