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Aus: Ausgabe vom 09.09.1997 / Ausland

Israels Außenminister Levy stellt sich gegen Netanjahu

Vor Albright-Besuch: Zerreißprobe in der Regierung. Fortschritte in Anschlagsaufklärung

Der israelischen Regierung droht eine Zerreißprobe. Kurz vor dem Besuch seiner US-Kollegin Madeleine Albright, die am Mittwoch in Israel erwartet wird, erklärte der israelische Außenminister David Levy, er werde Regierungsentscheidungen nicht mehr mittragen, die de facto auf ein Ende des in Oslo begonnenen Friedensprozesses mit den Palästinensern hinausliefen. Nach Angaben des israelischen Fernsehens warnte Levy bei der wöchentlichen Kabinettssitzung am Sonntag, der harte Kurs gegen die Palästinenser werde in die Sackgasse und zu einer Ausbreitung der Gewalt führen. Der Außenminister stellte sich damit direkt gegen Ministerpräsident Netanjahu. Nach den Selbstmordanschlägen vom 30. Juli und 4. September hatte der Regierungschef angekündigt, die Umsetzung der Abkommen von Oslo werde ausgesetzt. Israel legte unter anderem den Rückzug der Armee aus dem Westjordanland und die Wiederaufnahme der Verhandlungen über einen endgültigen Status der Palästinensergebiete auf Eis. Bei den Attentaten kamen insgesamt 19 unschuldige Zivilisten ums Leben.

Die palästinensische Polizei wirft den am Montag etwa 40 festgenommenen Hamas-Aktivisten vor, anti-israelische Attentatspläne vorbereitet zu haben. Die Behörden gestanden allerdings ein, die Beschuldigten hätten sich nicht direkt an den Selbstmordattentaten vom 30. Juni und 4. September in Jerusalem beteiligt. Die Aktivisten stünden auch nicht auf der Liste von 150 Verdächtigen, deren Festnahme Israel fordere. Israel habe keinerlei Hinweise, daß die Palästinenser ernsthaft gegen den »Terrorismus« vorgehen wollten, kommentierte ein Sprecher der Regierung die Verhaftungen. »Wir fürchten, daß sie angesichts des Besuchs von Frau Albright lediglich kurzfristig einen guten Eindruck machen wollen.« Wenn es den Palästinensern passe, würden sie die Festgenommenen wieder freilassen.

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