Aus: Ausgabe vom 02.05.2011, Seite 12 / Feuilleton
Zwei Freigeister
Mit zwei musikalischen Freigeistern setzte das
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) unter der Leitung von Marek
Janowski seine Trilogie mit Violinkonzerten aus den 30er Jahren des
vorigen Jahrhunderts am Freitag im Konzerthaus am Gendarmenmarkt
fort. Zum Auftakt gab es mit »A Symphonie – New England
Holidays« von Charles Yves, ein vierteiliges (und nicht
-sätziges) Orchesterwerk, welches zwar alles andere als eine
Symphonie ist, aber – basierend auf volkstümlicher
US-Radaumusik von Zirkus bis Militärkapelle – den
Ideenreichtum des Spaßkomponisten eindrucksvoll
demonstrierte. Yves – als Chef einer florierenden
Versicherungsgesellschaft finanziell unabhängig –
schrieb abseits gängiger Stile und Moden was er wollte und
zelebrierte auch gerne die Lust an der Dissonanz, z.B. mit einer
quälenden, tonartfremden kleinen Terz, die wie ein Kobold
über über dem teilweise pathetischen Rumtata tanzt, um
dann von einem polyphonen Schmetterchor verdrängt zu werden.
Als roter Faden dienen die vier Jahreszeiten und ihre typischen
Feste. Mit hörbarem Spaß geschrieben und ebenso vom RSB
dargeboten und mit Sicherheit ein Grund, wieder mal ein
bißchen mehr Yves zu hören.
Auch das anschließende Konzert für Violine und Orchester op. 14 von Samuel Barber hat einen hohen Spaßfaktor. Ganze 22 Minuten dauert das rasante, dreisätzige Werk, das seinen neoromantischen Duktus nicht verleugnet, aber diesem »altmodischen« Kompositionsstil durch extreme Stilisierungen und Komprimierungen einen völlig neuen, ausgesprochen luftigen Ausdruck verleiht. Die lyrischen Melodien münden in ein rasendes Finale, welches wohl geeignet ist, unter den Sologeigern die Spreu vom Weizen zu trennen. Gil Shaham muß nicht mehr beweisen, daß er zur letzteren Kategorie gehört, tat es aber dennoch auf eindrucksvolle Weise.Wenn die die sogenannte ernste Musik nicht auch diese Spielart hätte, wäre sie wohl ziemlich langweilig. Nachzuhören ist das alles am 15.Mai um 20 Uhr im Kulturradio des RBB. (balc)
Auch das anschließende Konzert für Violine und Orchester op. 14 von Samuel Barber hat einen hohen Spaßfaktor. Ganze 22 Minuten dauert das rasante, dreisätzige Werk, das seinen neoromantischen Duktus nicht verleugnet, aber diesem »altmodischen« Kompositionsstil durch extreme Stilisierungen und Komprimierungen einen völlig neuen, ausgesprochen luftigen Ausdruck verleiht. Die lyrischen Melodien münden in ein rasendes Finale, welches wohl geeignet ist, unter den Sologeigern die Spreu vom Weizen zu trennen. Gil Shaham muß nicht mehr beweisen, daß er zur letzteren Kategorie gehört, tat es aber dennoch auf eindrucksvolle Weise.Wenn die die sogenannte ernste Musik nicht auch diese Spielart hätte, wäre sie wohl ziemlich langweilig. Nachzuhören ist das alles am 15.Mai um 20 Uhr im Kulturradio des RBB. (balc)
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