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Aus: Ausgabe vom 11.06.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Es geht nicht um Antisemitismus

Der Aachener Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke) veröffentlichte am Donnerstag unter dem Titel »Zum sogenannten Antisemitismusbeschluß der Linksfraktion« folgende Erklärung:

Der Beschluß der Fraktion ist auf höchst undemokratische Weise zustandegekommen. Obwohl mindestens die Hälfte der anwesenden Mitglieder des Bundestages in der Diskussion Kritik am Verfahren geäußert hatte, wurde eine Drohkulisse aufgebaut, die die Einheit der Partei in Frage stellte. Der Beschluß zielt m. E. nicht auf eine Klärung in der Antisemitismusfrage oder der Nahostpolitik, sondern auf die Unterwerfung der Linken, insbesondere ihres linken Flügels, unter die Attacken der Kriegsparteien. (...)

Es geht m. E. in dieser Debatte gar nicht um die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus einerseits oder der Nahostpolitik andererseits. Es geht eher darum zu signalisieren, daß die Linksfraktion bereit und fähig ist, die eigenen Reihen so zu disziplinieren, daß sie als Koalitionspartner in Frage kommt, und um entsprechende Geländegewinne des Kräfteverhältnisses innerhalb der Linksfraktion. Mich erinnert das auch an die Unterwerfungsanforderungen, wie sie in den Koalitionsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen gestellt wurden. Dazu bin ich nicht bereit, ich lasse mich überzeugen, aber nicht erpressen.

Mindestens die Hälfte der Fraktion hat das Verfahren in der über dreistündigen Debatte kritisiert, dennoch wurde eine Drohkulisse aufgebaut, die das Scheitern des linken Projekts ankündigte, wenn der Beschluß nicht gefällt wird. Dies hat dazu geführt, daß ein Teil am Ende zugestimmt hat, ein Teil hat den Saal verlassen oder nicht abgestimmt. Ich habe mit einer persönlichen Erklärung ebenfalls den Saal verlassen. Mir ging es damit darum, mich unter diesen Bedingungen nicht inhaltlich in der Frage festzulegen, sondern das gesamte Verfahren in Frage zu stellen.


Ich möchte in offener und demokratischer Atmosphäre über Sinn und Unsinn der Gaza-Flottille, der BDS (Boykott, Desinvestment, Sanktionen)-Kampagne oder der Ein/Zwei-Staatenlösung diskutieren und entscheiden können. Eine Entsolidarisierung mit meinen europäischen Genoss/innen, die sich daran beteiligen, ist mit mir nicht machbar.

Ermutigend fand ich die Breite der Kritik am Vorgehen, die weit über das zu erwartende Spektrum hinausging. Das gibt mir Mut, daß eine plurale, demokratische Linke, in der offen ohne Maulkörbe diskutiert werden kann, weiterhin möglich ist. Diejenigen, die das nicht wollen, haben am Dienstag einen Pyrrhussieg errungen. (...)

Vollständiger Text im Internet: www.andrej-hunko.de

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