Aus: Ausgabe vom 07.07.2011, Seite 12 / Feuilleton
Cy Twombly gestorben
Seine Werke wurden für Millionenbeträge versteigert,
dennoch wurde der Maler Cy Twombly oft von denen seiner
berühmteren US-amerikanischen Freunde Jasper Johns und vor
allem Robert Rauschenberg in den Hintergrund gedrängt. Er
starb am Dienstag im Alter von 83 Jahren in Rom, wo er seit
Jahrzehnten lebte.
In seinen großformatigen abstrakten Gemälden vereinte der 1928 als Edwin Parker Twombly geborene Künstler auf organische Weise Malerei und Zeichentechniken, Kritzeleien, Graffiti und Wörter, die er auf die Leinwände schrieb. Seine Inspiration bezog er dabei vielfach aus der römischen und griechischen Antike und Mythologie. In seiner Anfangszeit wurde der schüchterne Künstler der zweiten Generation des abstrakten Expressionismus zugeordnet; betrachtet man aber sein Gesamtwerk, dann ist es nicht so einfach. Tatsächlich schuf er seine eigene, rätselhafte und sehr intime Bilderwelt, was er auch in seinen Skulpturen fortsetzte, die er 2001 erstmals in großem Rahmen ausstellte.
Seinen Spitznamen Cy bekam der im US-Staat Virginia geborene Twombly von seinem Vater, einem Baseballspieler für die Chicago White Sox, der den selben Spitznamen trug. Der Vater wiederum hatte ihn nach dem berühmten Spieler »Cyclone« Young erhalten. 1950 gewann Twombly ein Stipendium, kam nach New York und damit in Kontakt mit den Werken von Mark Rothko, Jackson Pollock und vielen anderen. Dort lernte er auch den fünf Jahre älteren Rauschenberg kennen, der ihm riet, ans Black Mountain College im US-Staat North Carolina zu gehen, eine experimentelle Universität, die das Who is Who der amerikanischen Gegenwartskunst hervorbrachte. Nach seiner Zeit als Kryptograf bei den US-Streitkräften zog Twombly 1957 nach Italien, wo er bis an sein Lebensende blieb.
2002 wurde ein unbenanntes Gemälde bei einer Sotheby’s-Auktion für 5,6 Millionen Euro versteigert, sein bis dahin teuerstes Werk war ein 1990 bei Christie’s für 5,5 Millionen Dollar versteigertes ebenfalls unbenanntes Bild gewesen. 2007 wurde eine Frau festgenommen, nachdem sie eine komplett weiß bemalte Leinwand Twomblys geküßt hatte, die rund zwei Millionen Dollar wert war. Die Restaurateure hatten Schwierigkeiten, den Lippenstift abzubekommen – die Frau zahlte schließlich einige hundert Dollar an den Besitzer und den Galeristen und 1,50 Dollar an den Künstler selbst.
Noch bis 10. Juli ist übrigens im Münchner Museum Brandhorst eine Ausstellung mit Fotografien Twomblys zu sehen. Danach wandert die Sammlung ans Museum für Gegenwartskunst in Siegen (17. Juli bis 30.Oktober).
(dapd/jW)
In seinen großformatigen abstrakten Gemälden vereinte der 1928 als Edwin Parker Twombly geborene Künstler auf organische Weise Malerei und Zeichentechniken, Kritzeleien, Graffiti und Wörter, die er auf die Leinwände schrieb. Seine Inspiration bezog er dabei vielfach aus der römischen und griechischen Antike und Mythologie. In seiner Anfangszeit wurde der schüchterne Künstler der zweiten Generation des abstrakten Expressionismus zugeordnet; betrachtet man aber sein Gesamtwerk, dann ist es nicht so einfach. Tatsächlich schuf er seine eigene, rätselhafte und sehr intime Bilderwelt, was er auch in seinen Skulpturen fortsetzte, die er 2001 erstmals in großem Rahmen ausstellte.
Seinen Spitznamen Cy bekam der im US-Staat Virginia geborene Twombly von seinem Vater, einem Baseballspieler für die Chicago White Sox, der den selben Spitznamen trug. Der Vater wiederum hatte ihn nach dem berühmten Spieler »Cyclone« Young erhalten. 1950 gewann Twombly ein Stipendium, kam nach New York und damit in Kontakt mit den Werken von Mark Rothko, Jackson Pollock und vielen anderen. Dort lernte er auch den fünf Jahre älteren Rauschenberg kennen, der ihm riet, ans Black Mountain College im US-Staat North Carolina zu gehen, eine experimentelle Universität, die das Who is Who der amerikanischen Gegenwartskunst hervorbrachte. Nach seiner Zeit als Kryptograf bei den US-Streitkräften zog Twombly 1957 nach Italien, wo er bis an sein Lebensende blieb.
2002 wurde ein unbenanntes Gemälde bei einer Sotheby’s-Auktion für 5,6 Millionen Euro versteigert, sein bis dahin teuerstes Werk war ein 1990 bei Christie’s für 5,5 Millionen Dollar versteigertes ebenfalls unbenanntes Bild gewesen. 2007 wurde eine Frau festgenommen, nachdem sie eine komplett weiß bemalte Leinwand Twomblys geküßt hatte, die rund zwei Millionen Dollar wert war. Die Restaurateure hatten Schwierigkeiten, den Lippenstift abzubekommen – die Frau zahlte schließlich einige hundert Dollar an den Besitzer und den Galeristen und 1,50 Dollar an den Künstler selbst.
Noch bis 10. Juli ist übrigens im Münchner Museum Brandhorst eine Ausstellung mit Fotografien Twomblys zu sehen. Danach wandert die Sammlung ans Museum für Gegenwartskunst in Siegen (17. Juli bis 30.Oktober).
(dapd/jW)
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