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Aus: Ausgabe vom 27.07.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Broder, Breivik und die Moslems

Der bisweilen als »Islamkritiker« verharmloste Publizist Henryk M. Broder, langjährig für den Spiegel tätig und nun für Springer-Blätter, wird in dem 1500-Seiten-Pamphlet des norwegischen Massenmörders Anders Behring Breivik als geistiges Leitbild zitiert. In der Welt am Dienstag schreibt er unter der Schlagzeile »Das Manifest und ich«, »wie es dazu kommen konnte« und »wie er sich fühlt«. Broder: »Das also ist eine Kausalkette: Vor etwa fünf Jahren habe ich einer holländischen Zeitung ein Interview gegeben, in dem ich sagte, wenn ich jünger wäre, würde ich Europa verlassen und in ein Land ziehen, das nicht von einer schleichenden Islamisierung bedroht wäre. Dieses Interview wurde von dem islamkritischen norwegischen Blogger ›Fjordman‹ in einem seiner Texte zitiert. Der ›Fjordman‹-Text (›Islamisation and Cowardice in Scandinavia‹) findet sich nun in voller Länge in dem ›Manifest‹ des Norwegers Breivik wieder, der bei zwei Anschlägen 76 Menschen ermordet hat. Und schon bin ich – mit anderen Gesinnungsgenossen und -genossinnen – für die Anschläge verantwortlich.« In Haftung zu nehmen seien statt dessen die für Broder üblichen Verdächtigen: »Ich weiß, ich vereinfache, ich versuche nur, mit der Gegenseite Schritt zu halten, die mit einer Schamlosigkeit sondergleichen versucht, sich einen moralischen Vorsprung zu verschaffen, indem sie die Verantwortung für einen Massenmord ›Islamkritikern‹ von Ates bis Sarrazin, von Broder bis Wilders in die Schuhe zu schieben versucht. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Breivik ist ein Monster in Menschengestalt, dumm ist er nicht. Er hat seine Tat sorgfältig vorbereitet. Dazu gehört auch jenes ›Manifest‹, in dem außer mir auch andere bekannte ›Islamkritiker‹ wie Richard Rorty, Immanuel Kant und Franz Kafka erwähnt werden. Breivik wußte, daß er seine Tat ›rational‹ begründen muß. Und das hat er nicht bei mir und Thilo Sarrazin gelernt, sondern bei Mohammed Atta und Osama bin Laden, bei den Attentätern von Madrid, London, Mumbai, Bali; bei Carlos, dem Schakal, und den ›Märtyrern‹, die ein Video aufnehmen, bevor sie ins Paradies aufbrechen. (…) Und hätte er sich als Ziel nicht ein Ferienlager der Sozialistischen Jugend ausgesucht, sondern eine amerikanische Einrichtung oder eine israelische Sportlergruppe, wären die Differenzierer und Versteher wieder unterwegs: Schrecklich, diese Tat, aber…«

Auf Wikipedia finde man eine Liste der »Suicide bombings« im Irak im Jahre 2010, so Broder: »Es sind Dutzende von Anschlägen mit Hunderten von Toten. Ich kann mich an keinen einzigen Bericht erinnern, in dem die Frage gestellt worden wäre, was die Terroristen gelesen hatten, welche Art von Lektüre sie zu ihren Taten animiert hatte. ›Die Verdammten dieser Erde‹ von Frantz Fanon?«


(jW)

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