In Serbien zeichnet sich Stichwahl ab
Von AP/jWBei der Auszählung der Präsidentenwahl in Serbien hat sich am Montag eine Stichwahl zwischen den regierenden Sozialisten und den radikalen Nationalisten abgezeichnet. Ersten Teilergebnissen zufolge muß sich der sozialistische Kandidat Zoran Lilic, ein enger Gefolgsmann des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic, in einem zweiten Wahlgang dem Ultranationalisten Vojislav Seselj von der Radikalen Partei stellen. Bei der Parlamentswahl schien dagegen der Sieg der Sozialisten ungefährdet. Der Boykottaufruf der Opposition schlug fehl.
Zum ersten Mal sehen sich die Sozialisten einer möglichen Stichwahl gegenüber, da die Radikalen offenbar zu einer starken politischen Kraft herangewachsen sind. Oppositionskandidat Vuk Draskovic, der als einziger Politiker des Oppositionsbündnisses Zajedno dem Boykottaufruf nicht gefolgt war, kam nach Auszählung von 30 Prozent der Stimmen auf Platz drei. Nach Angaben der staatlichen Wahlkommission übertraf die Beteiligung die für die Gültigkeit notwendigen 51 Prozent der sieben Millionen Stimmberechtigten. Vertreter von Draskovics Partei wie auch von der Demokratischen Partei des Belgrader Bürgermeisters Zoran Djindjic sprachen von Unregelmäßigkeiten. Die Wahl wurde von 170 Mitarbeitern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht.
Mit der Gültigkeit der beiden Wahlen schien Milosevic als eigentlicher Gewinner festzustehen, wenngleich der Sozialist gar nicht auf den Stimmzetteln stand. Eine Mehrheit des Linksblocks unter Führung der Sozialisten im 250 Sitze zählenden Parlament wurde allgemein erwartet. Damit würde das Ergebnis des von Milosevic im Sommer arrangierten Machttauschs bestätigt. Da Milosevic aufgrund der Verfassung nicht wieder als serbischer Präsident kandidieren durfte, hatte er sich im Juli zum jugoslawischen Präsidenten wählen lassen. Dieses Amt hatte vorher Lilic inne.
Das voraussichtliche Ergebnis bestätigt auch den Niedergang der Opposition. Das Bündnis Zajedno von Draskovic, Djindjic und Vesna Pesic, das Milosevic zum Jahresbeginn eine herbe Niederlage bescherte und die Anerkennung der Kommunalwahlergebnisse vom letzten Jahr erzwang, zerbrach. Während Djindjic und Pesic für den Boykott eintraten, stellte sich Draskovic zur Wahl.
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