Boxen: Beschissener Cut

Neubrandenburg. Blut sickerte aus dem Cut über die Stirn, das Gesicht war geschwollen, der Kampfgeist gebrochen: Am Samstag war Sebastian Sylvester nach der Abbruch-Niederlage gegen Grzegorz Proksa aus Polen nur ein Häufchen Elend. Es wurde nichts mit der Europameisterschaft für den Mittelgewichtler in Neubrandenburg – der Kampf war nach nur drei Runden beendet. Für Sylvester steht das Karriereende bevor. »Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Man muß abwarten, was jetzt für Angebote kommen. Ansonsten war es das wohl«, meinte er. Für Henry Maske war er in diesem Kampf »total überfordert«. Innerhalb von nur vier Monaten kassierte der Exweltmeister im Mittelgewicht die zweite Schlappe.

Der 26 Jahre alte Proksa begann wie ein Wirbelwind und holte früh zum entscheidenden Schlag aus. »Da gab es den beschissenen Cut in der zweiten Runde. Der hat mich komplett aus dem Konzept gebracht«, sagte Sylvester. Aus der Wunde oberhalb des rechten Auges lief Blut in beide Augen. Der Greifswalder ließ sich nach der dritten Runde lange behandeln, dann brach der Ringrichter ab. »Da ging wirklich nichts mehr. Ich hab nichts gesehen. Auch der Arzt meinte zu mir: Laß es!«

Die knapp 5000 Besucher quittierten die Niederlage wegen Aufgabe mit Pfiffen. Eigentlich waren sie zum siebten Mal in Sylvesters Wohnzimmer nach Neubrandenburg geströmt, um ihren Jungen aus Mecklenburg-Vorpommern zu feiern. Doch Sylvester, von 2009 bis Mai 2011 Weltmeister, scheiterte an seiner eigenen Taktik. »Ich wollte die ersten drei, vier Runden abwarten. Ich wußte, daß er stark beginnen würde. Am Ende hat er mich überrascht«, sagte der Mann, den manche den »Hurrikan« nennen, der am Samstag aber nur noch ein laues Lüftchen war.

Der neue Europameister wunderte sich selbst über seinen schnellen Sieg. »Ich hätte nie gedacht, daß es so schnell vorbei ist«, sagte Proksa. Er blieb auch in seinem 26. Profikampf ungeschlagen und fiebert nun einer WM-Chance entgegen. »Gebt mir Sturm. Ich bin bereit«, rief er selbstbewußt.

(sid/jW)