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Aus: Ausgabe vom 24.01.2012, Seite 3 / Schwerpunkt

Zwei Jahre Piñera: Nichts zu feiern

Knapp zwei Jahre nach ihrem Amtsantritt erreichen Chiles Präsident Sebastián Piñera und sein Kabinett die geringsten Zustimmungswerte einer Regierung seit 1990. Ihren Sprecher Andrés Chadwick ficht das nicht an, er setzt auf die Vergeßlichkeit der Wähler: »In dem Maße, wie die Zeit vergeht, werden die Bürger das Werk dieser Regierung zu schätzen lernen und die Werte sich ändern.« Mit großen Feierlichkeiten begingen die Regierungsparteien in der vergangenen Woche den Jahrestag der Stichwahl 2010, bei der sich Piñera mit 52 Prozent der Stimmen gegen Eduardo Frei, den Kandidaten des Mitte-links-Bündnisses Concertación, durchsetzen und die Rechte erstmals seit dem Ende der Pinochet-Diktatur die Regierung bilden konnte.

Die Kommunistische Partei Chiles (PCCh) hat eine negative Bilanz der bisherigen Amtszeit des Staatschefs gezogen. »Es gibt sehr wenig zu feiern«, kommentierte Parteivorsitzender Guillermo Teillier am vergangenen Dienstag die Festlichkeiten der Rechten. »Im Land herrscht eine umfassende Unzufriedenheit mit der Situation in so wichtigen Bereichen wie der Bildung, der Gesundheitsversorgung und wegen der herrschenden Ungleichheit und dem, wie ich sagen würde, schleppenden Wiederaufbau« nach dem Erdbeben vom 27. Februar 2010, kritisierte Teillier. Die Regierung habe eine Reihe schwerer Fehler begangen, so die gegen die soziale Protestbewegung gerichteten Kriminalisierungsversuche. »Es wurde in gewisser Weise eine Kriegsatmosphäre geschaffen, die wir nicht hinnehmen können«, unterstrich der Abgeordnete.

Auch der christdemokratische Senator Jorge Pizarro kommentierte: »Diese Regierung war schlecht. Sie hat die Dinge nicht getan, die sie versprochen hat, sie hat die Erwartungen nicht erfüllt.« Das Kabinett sei den Unternehmern zu Diensten gewesen, während es weder bei der Reform des Bildungswesens noch im Kampf gegen die Kriminalität Fortschritte gegeben habe. Nötig seien eine Steuerreform, um die Kosten einer Bildungsreform zu finanzieren, sowie ein Ausbau der Demokratie, um mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen.


Der Parteichef der chilenischen Sozialisten, Osvaldo Andrade, hob die Streitigkeiten innerhalb des von den rechten Parteien gebildeten Regierungsbündnisses hervor. Piñera sei schon nicht mehr in der Lage, die Initiative zu ergreifen, weil er sein Programm längst verlassen habe. »Auch vom Standpunkt der Rechten aus gesehen ist diese Regierung gescheitert und bei einer Agenda gelandet, die nicht ihre eigene ist«, so Andrade. Die ursprünglichen Absichten der Exekutive seien von den Bürgern und ihren Protesten »hinweggefegt« worden.

(scha)

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