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Aus: Ausgabe vom 08.02.2012, Seite 5 / Inland

Sozialgericht kürzt »Ghettorenten«

Kassel. Das Bundessozialgericht (BSG) hat die sogenannten Ghettorenten für 22000 noch lebende jüdische Naziopfer faktisch begrenzt. Zwei am Dienstag in Kassel verkündeten Urteilen zufolge werden die Renten rückwirkend nur bis 2005 statt bis 1997 gezahlt, wenn ein früherer Antrag zwar rechtswidrig, aber trotzdem rechtskräftig abgewiesen worden ist. Nach Schätzung der Deutschen Rentenversicherung sparen die Rentenkassen dadurch 400 bis 500 Millionen Euro.

Nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto von 2002 können Verfolgte, die unter nazideutscher Besatzung in einem Ghetto gearbeitet haben, Beitragszeiten zur Rentenversicherung geltend machen. Die Ansprüche von monatlich meist 100 bis 300 Euro sollten rückwirkend ab Juli 1997 gelten, wenn bis Mitte 2003 ein Antrag gestellt wurde.

Die Rententräger hatten die Voraussetzungen jedoch bislang meist nicht als erfüllt angesehen und über 90 Prozent der Anträge abgelehnt. 2009 erkannte das BSG aber die Arbeit in den Ghettos als rentenwirksam an. In den nun vom BSG entschiedenen Fällen hatten zwei jüdische Frauen aus Israel ihre Anträge rechtzeitig gestellt, die wie üblich ablehnenden Bescheide waren aber rechtskräftig geworden. Damit gelte erst der nach den BSG-Urteilen von 2009 gestellte Überprüfungsantrag als Antragsdatum, Renten seien nur noch rückwirkend bis 2005 zu zahlen, argumentierten die Rentenversicherer. Dem folgte nun der 13. BSG-Senat.


Dem Bundestag liegt bereits ein Initiativantrag der Linksfraktion vor, wonach die Ghettorenten von der Rückwirkungsgrenze ausgenommen werden sollen. Die Berliner Rechtsanwältin Simona Reppenhagen kündigte am Dienstag eine Verfassungsbeschwerde an.

(AFP/jW)