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Aus: Ausgabe vom 17.02.2012, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Verfassung und Referendum

Nach vier Monaten Diskussion liegt nun der Entwurf einer neuen Verfassung für Syrien vor. Präsident Baschar Al-Assad ordnete per Dekret (Nr. 85/2012) ein landesweites Referendum darüber an. Es soll am 26. Februar stattfinden. Eine neue Verfassung wurde bereits unmittelbar nach Assads Amtsantritt im Jahr 2000 gefordert, die Diskussionen darüber, zu denen er selber ermuntert hatte, wurden 2002 jedoch von seiten der Sicherheitskräfte unterbunden. Viele Oppositionelle, die sich aktiv an der öffentlichen Debatte beteiligt hatten, wurden inhaftiert. Die kurze Phase eines demokratischen Aufbruchs wurde bekannt als »Damaszener Frühling«.

Der nun vorgelegte Entwurf wurde von einem Komitee ausgearbeitet, dessen Mitglieder vom Präsidenten damit beauftragt worden waren. Das System soll zukünftig auf politischem Pluralismus basieren, die politische Macht wird durch freie, faire Wahlen bestimmt. Die »führende Rolle« der regierenden Baath-Partei ist im Text gestrichen. Neue Parteien dürfen weiterhin nicht auf religiöser, regionaler oder ethnischer Grundlage gegründet werden. Das Parlament wird alle vier Jahre gewählt, die Amtszeit des Präsidenten beträgt sieben Jahre, er kann einmal wiedergewählt werden. Die neue Regelung beginnt 2014 mit dem Ende der Amtszeit des jetzigen Präsidenten.

In ersten Reaktionen zeigten Syrer sich zurückhaltend über Verfassung und Referendum. Bei einer – nicht repräsentativen – Umfrage im populären Radio »Cham FM« sagten 528 Personen, sie würden mit »Nein« stimmen, 380 mit »Ja«. Kritisiert wurde die Entstehung des Verfassungsentwurfs. Er müsse von einem neu gewählten Parlament ausgearbeitet werden. Andere Stimmen wiesen auf die anhaltende Gewalt im Land hin. Einwohner von Daraa, Homs, Hama und Idlib würden vermutlich nicht an dem Referendum teilnehmen. Entweder weil sie es ablehnten, oder weil sie aufgrund von Kämpfen ihre Häuser nicht verlassen könnten.

(kl)

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