Aus: Ausgabe vom 19.06.2012, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Lesetips
»Modernisierung«
Nach mehreren ablehnenden Beiträgen zur »Tarifreform« im Einzelhandel läßt der Express in seiner aktuellen Ausgabe die Befürworter des Projekts zu Wort kommen. Eine kritische Kommentierung des erstmals vom ver.di-Landesbezirk Nordrhein-Westfalen veröffentlichten Texts wäre allerdings angebracht gewesen. Die Argumente für das neue Tarifwerk, das eine völlig neue Entgeltsystematik etablieren will, sind zum Teil wortgleich mit denjenigen vorangegangener »Tarifreformen« anderer Branchen: Es gehe um »Modernisierung«, die Beseitigung von Diskriminierungen und die Aufhebung des Unterschieds zwischen Arbeitern und Angestellten. Was aus diesen Zielen in anderen Fällen geworden ist, wird nicht analysiert.Auf den Hinweis, die »Reformen« im öffentlichen Dienst (TVÖD) und in der Metallindustrie (ERA) hätten zu weitreichenden Verschlechterungen geführt, antworten die Autoren lediglich, es habe »in anderen Branchen mehrfach auch sehr positive Veränderungen der Tarifstrukturen gegeben (z.B. Lohnrahmen II der IGM). Andere Entwicklungen gilt es, genauer zu betrachten (Rahmenbedingungen)«. Bei genauerem Hinsehen ist das ein schlagendes Argument gegen das Projekt. Denn erstens wurde der »Lohnrahmen II«, der die sogenannte Steinkühler-Pause für Bandarbeiter einführte, nicht hinter den Kulissen im Konsens mit den Unternehmern ausgehandelt, sondern 1973 per Streik durchgesetzt. Zweitens haben sich eben die Rahmenbedingungen seither verändert. Den Konzernen geht es nicht mehr um eine »Weiterentwicklung« des Tarifsystems, sondern um Lohndumping – entweder per Tarifflucht gegen die Gewerkschaft oder mit ihr im Rahmen von »Reformen«. Dieses Spiel sollte ver.di nicht auch noch im Einzelhandel mitspielen. (jW)
Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Nr. 5/2012, 16 Seiten, 3,50 Euro, www.labournet.de/express
Stets bemüht
Wie muß ein Arbeitszeugnis aussehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb. Daß der Satz, der Beschäftigte habe sich »stets bemüht, die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit zu erledigen« sehr negativ ist, dürfte sich herumgesprochen haben. Aber daß der Hinweis, der Mitarbeiter habe »zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen«, übersetzt bedeutet, er habe gegen einen Schluck Alkohol nichts einzuwenden, weiß sicher nicht jeder. Beschäftigte und insbesondere Betriebsräte sollten diese versteckten Bedeutungen kennen. (jW)Arbeitsrecht im Betrieb, Nr. 6/2012, 72 Seiten, Jahresabo: 135,60 Euro, www.aib-web.de
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