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Aus: Ausgabe vom 07.07.2012, Seite 3 / Schwerpunkt

Der Radikale: Michael Buback

Michael Buback ist überzeugt, Verena Becker habe 1977 seinen Vater erschossen. Eine Strafe hat er dennoch nicht gefordert, weil er das Attentat mit politischen Intrigen in Verbindung bringt, in denen Becker gegebenenfalls nur eine Spielfigur gewesen wäre. Buback sei »ein Narr«, wetterte das Magazin Focus über den Nebenkläger am Tag der Urteilsverkündung. »Seine These, der Staat habe in irgendeiner Weise den oder die wahren Mörder seines Vaters geschützt, überschreitet die Grenze zum Schwachsinn.«

Originell ist dieser Vorwurf nicht. Zu vermuten, der Staat oder auch nur Seilschaften innerhalb der Staatsorgane könnten etwas Ungesetzliches getan haben, war schon immer »Schwachsinn«. Ganz besonders für den Focus. Aber in diesem Fall teilten auch die Bundesanwaltschaft und die Verteidigung Verena Beckers diese Einschätzung. Michael Buback hat mit seinen Beweisanträgen beide Seiten genervt.

Wenn er sich in etwas verrannt hat – und das hat er zumindest mit der Behauptung, Verena Becker sei als Todesschützin »überführt« – dann gibt es dafür Gründe, die nicht nur mit seiner persönlichen Betroffenheit zu tun haben. Offensichtlich haben auch Teile des Staatsapparats etwas zu verbergen – nicht nur die Ex-Militanten der RAF, denen ihr Schweigen vor Gericht von vielen Medien übel angekreidet wurde. Weit weniger empört nahmen dieselben Medien gesperrte und geschwärzte Verfassungsschutzakten zur Kenntnis. Die Öffentlichkeit wurde aus Geheimschutzgründen sogar während des Plädoyers der Bundesanwaltschaft vorübergehend ausgeschlossen. Wen wundert es da, wenn über den wahren Umfang von Beckers Kooperation mit dem Inlandsgeheimdienst spekuliert wird? Ist die These einer »schützenden Hand« wirklich so verrückt?


Das Attentat auf Siegfried Buback liegt nun 35 Jahre zurück. Für den andauernden Geheimschutz könnte es nur eine unverdächtige Begründung geben – die Gefährdung damaliger Quellen und V-Leute durch mögliche Racheakte. Die RAF hat sich allerdings 1998 aufgelöst. Beckers ehemalige Kampfgefährten, die zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt waren, sind nach zum Teil über 20 Jahren freigelassen worden, weil staatliche Funktionsträger nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis kamen, daß von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht. Der wahre Grund für den Geheimschutz dürften also »sonstige Interessen der Bundesrepublik Deutschland« sein. Vielleicht einfach nur ihr guter Ruf.

Michael Buback hat seine Rechte als Nebenkläger in einem für andere schwer erträglichen Maß ausgeschöpft, weil er die Wahrheit über diesen Staat wissen will. So gesehen war er der einzige echte Radikale im Gerichtssaal. (clw)

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