Aus: Ausgabe vom 20.07.2012, Seite 3 / Schwerpunkt
Hintergrund: Das Landesamt
Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) wurde 1991 gegründet. Es verfügte im Haushaltsjahr 2008 über 97 hauptamtliche Mitarbeiter und einen Etat in Höhe von 5257800 Euro. Dem Präsidenten unterstehen folgende Abteilungen:
– Abteilung 1: zentrale Dienste
– Abteilung 2: Auswertung
– Abteilung 3: Beschaffung, Organisierte Kriminalität, Spionageabwehr
Zu seiner Aufgabe gehört es auch, »frühere, fortwirkende unbekannte Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungs- und Abwehrdienste der ehemaligen DDR« aufzuklären.
Helmut Roewer
Roewer war der zweite Präsident des LfV. 1950 geboren, wurde Roewer bei der Bundeswehr zum Offizier der Panzertruppe ausgebildet. Anschließend nahm er ein Studium der Rechtswissenschaft, Geschichte und Volkswirtschaftslehre auf, das er mit dem zweiten juristischen Staatsexamen abschloß. 1982 promovierte Roewer an der Universität Konstanz zum Thema »Rechte und Pflichten junger Menschen zwischen Elternrecht und staatlicher Einflußnahme – Die Entwicklung von der Reichsgründung 1871 bis 1980«. Zunächst als Rechtsanwalt tätig, stieg Roewer später im Bundesinnenministerium auf. Im Bereich Verfassungsschutz wurde er Ministerialrat.
Der Thüringer Innenminister Franz Schuster bestellte Roewer 1994 zum Leiter des LfV. Er löste Harm Winkler, den ersten Präsident des LfV, ab. Während Roewers Amtszeit blühte nicht nur die neofaschistische Szene des Freistaates auf, er gewann unter führenden Neonazis in Thüringen auch etliche Spitzel, die teilweise hoch bezahlt wurden. Neben dem Führungskader des »Thüringer Heimatschutzes«, Tino Brandt, beschäftigte das Amt auch Thomas Dienel als V-Mann, dessen Enttarnung unter anderem zum Sturz Roewers im Jahr 2000 führte. Ein 2005 gegen Roewer begonnener Strafprozeß wegen Untreue in seiner Zeit als Verfassungsschutzchef wurde 2008 wegen fortdauernder Verhandlungsunfähigkeit vorläufig eingestellt. Im März 2010 endete das Verfahren gegen Zahlung von 3000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung.
Roewer publiziert inzwischen im als rechtsextrem eingeschätzten Grazer Ares-Verlag und ist Referent des »Veldensteiner Kreises«. Der Kreis steht dem »Dresdner Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung« (HAIT) nahe und vertritt einen »extremismustheoretischen Ansatz«, der von einer Wesensverwandtschaft linker und rechter »Extremisten« ausgeht. Prominente Referenten des Kreises sind u. a. Bundespräsident Joachim Gauck und Gedenkstättenleiter Hubertus Knabe.(jW)
– Abteilung 1: zentrale Dienste
– Abteilung 2: Auswertung
– Abteilung 3: Beschaffung, Organisierte Kriminalität, Spionageabwehr
Zu seiner Aufgabe gehört es auch, »frühere, fortwirkende unbekannte Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungs- und Abwehrdienste der ehemaligen DDR« aufzuklären.
Helmut Roewer
Roewer war der zweite Präsident des LfV. 1950 geboren, wurde Roewer bei der Bundeswehr zum Offizier der Panzertruppe ausgebildet. Anschließend nahm er ein Studium der Rechtswissenschaft, Geschichte und Volkswirtschaftslehre auf, das er mit dem zweiten juristischen Staatsexamen abschloß. 1982 promovierte Roewer an der Universität Konstanz zum Thema »Rechte und Pflichten junger Menschen zwischen Elternrecht und staatlicher Einflußnahme – Die Entwicklung von der Reichsgründung 1871 bis 1980«. Zunächst als Rechtsanwalt tätig, stieg Roewer später im Bundesinnenministerium auf. Im Bereich Verfassungsschutz wurde er Ministerialrat.
Der Thüringer Innenminister Franz Schuster bestellte Roewer 1994 zum Leiter des LfV. Er löste Harm Winkler, den ersten Präsident des LfV, ab. Während Roewers Amtszeit blühte nicht nur die neofaschistische Szene des Freistaates auf, er gewann unter führenden Neonazis in Thüringen auch etliche Spitzel, die teilweise hoch bezahlt wurden. Neben dem Führungskader des »Thüringer Heimatschutzes«, Tino Brandt, beschäftigte das Amt auch Thomas Dienel als V-Mann, dessen Enttarnung unter anderem zum Sturz Roewers im Jahr 2000 führte. Ein 2005 gegen Roewer begonnener Strafprozeß wegen Untreue in seiner Zeit als Verfassungsschutzchef wurde 2008 wegen fortdauernder Verhandlungsunfähigkeit vorläufig eingestellt. Im März 2010 endete das Verfahren gegen Zahlung von 3000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung.
Roewer publiziert inzwischen im als rechtsextrem eingeschätzten Grazer Ares-Verlag und ist Referent des »Veldensteiner Kreises«. Der Kreis steht dem »Dresdner Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung« (HAIT) nahe und vertritt einen »extremismustheoretischen Ansatz«, der von einer Wesensverwandtschaft linker und rechter »Extremisten« ausgeht. Prominente Referenten des Kreises sind u. a. Bundespräsident Joachim Gauck und Gedenkstättenleiter Hubertus Knabe.(jW)
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