Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 14.09.2012, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Mittwochs und am Strand

Wenn der Wähler nicht zur Urne kommt, dann muß die Urne eben zum Wähler: Wer am Mittwoch im niederländischen Seebad Noordwijk seine Stimme für die Parlamentswahl abgeben wollte, mußte dafür nicht einmal den Strand verlassen. Direkt an der Promenade war in einem alten Polizeiposten eine Wahlkabine aufgebaut. Immerhin zirka 30 Niederländer machten bis zum Mittag von dem einmaligen Service Gebrauch, berichtete die Tageszeitung De Volkskrant.

Traditionell wählen die Niederländer an einem Werktag, meistens ist es der Mittwoch. Der Grund dafür sind die vielen strenggläubigen Kalvinisten im Land, die am Sonntag nichts anders tun dürfen, als ihrem Gott zu dienen. Rund eine halbe Million Hardcore-Protestanten leben im sogenannten »Bibelgürtel«, einem sichelförmigen Korridor, der von der Provinz Overijssel im Norden bis nach Zeeland im Süden reicht. »Schwarzstrümpfler« werden sie genannt, weil ihre Frauen unter den langen Kleidern schwarze Strumpfhosen tragen. Der Einfluß der Kalvinisten reicht bis in den »Binnenhof«, dem niederländischen Parlament in Den Haag. Dort sitzen nun drei Abgeordnete der Politisch Reformierten Partei (SGP), einer mehr als nach der letzten Wahl. Alles Männer übrigens, denn Frauen haben bei den Erzkonservativen keinen Zutritt.

Um den Werktätigen an einem normalen Arbeitstag trotzdem die Stimmabgabe zu ermöglichen, läßt der Staat sich einiges einfallen: Nicht nur am Strand von Noordwijk, sondern auch auf 40 Bahnhöfen im ganzen Land konnten die Niederländer auf dem Weg von und zur Arbeit wählen gehen. Hunderte Pendler machten bereits in der morgendlichen Rushhour von dem Angebot Gebrauch. In manchen Gemeinden fuhren mobile Wahllokale durch die Stadt. Das kleinste Stimmbüro des Königreichs war übrigens eingerichtet im Wohnzimmer der Familie Westhoff in der Nachbarschaft Marle bei Zwolle – 30 Wahlberechtigte konnten dort »gezellig« bei Kaffee und Gebäck ihr Kreuz machen.

Natürlich hatten die Wahllokale wegen der arbeitenden Bevölkerung länger auf als in Deutschland – erst um 21 Uhr machten die Helfer die Deckel auf die Urnen. (gh)

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