Aus: Ausgabe vom 15.05.2013, Seite 12 / Feuilleton
Die Heimatfront
Von Thomas Behlert
Es war Mittagspause. Einfache Frauen aus dem Volke, die als Verkäuferinnen in einem Markt ihren Dienst tun, saßen dort und aßen einen kleinen Joghurt, tranken Kaffee und verschwanden für einige Minuten ans Fenster, um ihren Lungen mit Zigaretten etwas Arbeit zu verschaffen. Die Gespräche drehten sich zumeist um Krankheiten am eigenen Leibe, um Serien auf RTL II und um die bescheuerten Kolleginnen, die gerade nicht im Raum waren. Ich saß dabei, wollte nur etwas abholen, kam aber nicht an die Ware. Um überhaupt etwas zu sagen und um vielleicht jemanden aus Mitleid früher an den Arbeitsplatz zu bringen, sagte ich, daß ich weg muß, da ich einen Freund verabschieden will, der wieder nach Afghanistan muß. Sofort richteten sich alle Augen auf mich und die wohl Mutigste legte ihr Handy auf den Tisch und fragte, was er in Afghanistan mache? »Er ist Scharfschütze und erledigt die Taliban«, antwortete ich. »Er hat an seinem Helm schon vierzehn Striche, wenn Sie wissen, was ich meine«. Darauf die Verkäuferin voller Überzeugung: »Na ja. Einer muß es ja machen.«
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