Lesetips
Erst Leiharbeit, jetzt Werkvertrag
Nachdem Leiharbeit über Tarifverträge, Gesetzesänderungen und die Rechtsprechung wieder schärfer reguliert ist, gehen manche Unternehmen verstärkt zum Mißbrauch von Werkverträgen über. Das belegt eine Studie, die Hartmut Klein-Schneider und Kai Beutler für die DGB-nahe Hans-Böckler-Stiftung erstellt haben und die in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Böckler Impuls vorgestellt wird. Bislang gibt es keine repräsentativen Befunde zum Mißbrauch von Werkverträgen. Eine amtliche Statistik existiert nicht. Um diese Lücke ansatzweise zu schließen, hat Beutler Betriebsratsmitglieder in zehn ausgewählten Branchen befragt. Die Daten zeigen zumindest eine Entwicklungsrichtung an: Demnach arbeiten etwa in Schlachthöfen nur noch 20 Prozent der Beschäftigten in einem Normalarbeitsverhältnis. Dagegen seien 75 Prozent Beschäftigte von Werkvertragsunternehmen und etwa fünf Prozent Leiharbeiter. In der Getränkeindustrie sind laut der Befragung etwa zehn Prozent der Beschäftigten über Werkvertragsfirmen angestellt, in der Zuckerindustrie rund 20 Prozent, in den Werften knapp 20 Prozent und in der Fleischindustrie etwa 35 Prozent.Eine im Rahmen des Projekts erstellte Fallstudie zeigt die Entwicklung exemplarisch auf: In dem untersuchten Betrieb eines Getränkeunternehmens ist der Anteil der Stammbeschäftigten seit 2006 um etwa 20 Prozentpunkte gesunken. Die Leiharbeit stieg dort zunächst von knapp fünf auf 14 Prozent, fiel inzwischen aber wieder auf weniger als zwei Prozent. Während die Leiharbeit seit 2008 abnahm, stieg der Anteil der Werkvertragsarbeit von null auf fast 25 Prozent.
(jW)
Arbeitspapier für Betriebsräte
Auch im Organisationsbereich von ver.di ist der Mißbrauch von Werkverträgen auf dem Vormarsch. Schlagzeilen machten Razzien des Zolls im Einzelhandel, wo zu Hunderten so genannte »Regalauffüller« in Scheinwerkverträgen beschäftigt wurden. Längst haben sich spezialisierte Unternehmen am Markt positioniert, die im großen Stil Dienstleistungen anbieten und damit die Flucht aus Tarifverträgen ermöglichen. Oder die Unternehmen erledigen dies gleich selbst, indem sie konzerninterne Servicegesellschaften gründen. Mit einem Arbeitspapier zum Thema »Was tun gegen (Schein-) Werkverträge?« gibt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Betriebsräten ein Werkzeug in die Hand, aktiv gegen diese Entwicklung vorzugehen.
(jW)
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