Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 01.06.2013, Seite 16 / Aktion

Liebesentzug wegen Kritik

Unabhängige Berichterstattung muß nicht nur gegen Wirtschaft und Staat, sondern auch gegenüber Parteien verteidigt werden. Und zwar gegenüber allen Parteien
Von Dietmar Koschmieder
Am Mittwoch dieser Woche schreibt die Ostsee-Zeitung: »Wegen kritischer Presse: Ärztin setzt Journalisten vor die Tür«. Betroffen ist der Lokalchef der OZ in Wismar, der zwar die Artikel nicht selbst geschrieben hat, sie aber als Lokalchef verantwortet: »Die Ärztin nimmt mich jetzt in Haftung, weil ich die Berichterstattung nicht unterbunden habe«. Weil er die Veröffentlichung eines Diskussionsbeitrags von Inge Viett für die Rosa- Luxemburg-Konferenz in der jungen Welt nicht unterbunden hat, soll auch deren Chefredakteur Arnold Schölzel bestraft werden. Zwar haben Amtsgericht und in zweiter Instanz auch das Landgericht Berlin dafür keinerlei Veranlassung gesehen und Schölzel freigesprochen. Wie das Landgericht jedoch diese Woche mitteilt, hat die Staatsanwaltschaft auch gegen dieses Urteil Revision eingelegt. Im angegriffenen Beitrag hält Inge Viett Widerstandshandlungen für legitim, wenn Deutschland einen verfassungswidrigen Angriffskrieg führt. Presse- und Meinungsfreiheit hin oder her, solche Gedanken sollen nicht mehr diskutiert werden, weil sie der Obrigkeit nicht passen. Veröffentlicht werden soll nur, was genehm ist.

Auch manche Vertreter der Linkspartei mögen es nicht, wenn nicht Genehmes in der jungen Welt steht. So hat die junge Welt am vergangenen Samstag (25. Mai) darüber berichtet, daß der Linke-Internetbeauftragte Mark Seibert auf seiner Facebook-Seite den Vorwahlkampf mit wenig charmanten Parolen wie »Niedersachsen ausräuchern! Dehm grillen!« eröffnete. Zuvor hat jW den Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn, die Vorsitzende Katja Kipping und Mark Seibert um Stellungnahmen gebeten – die jedoch vor Redaktionsschluß nicht eintrafen. Allerdings konnte die junge Welt nach Recherchen melden: »Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping sicherte Dehm zu, die Vorwürfe zu überprüfen. Zunächst gelte die Unschuldsvermutung. ›Zum Slogan selber kann ich nur sagen: so was ist Boykott am Wahlkampf‹.« An keiner Stelle wird behauptet, daß Frau Kipping diese Äußerung gegenüber der jungen Welt gemacht habe. In der folgenden Montagsausgabe berichtete jW kurz über Reaktionen und Spekulationen darüber, woher die jW von den Äußerungen Kippings erfahren haben könnte.

Trotzdem wird auf der offiziellen Seite der Linken eine Presserklärung mit der Überschrift »Richtigstellung« mit folgendem knappen Wortlaut veröffentlicht: »Katja Kipping hat sich im Zusammenhang mit dem Artikel ›Hetze aus dem Karl-Liebknecht-Haus‹ und zu dem dort beschriebenen Vorgang gegenüber der jungen Welt weder mündlich noch schriftlich geäußert. Die in diesem Artikel zitierten Aussagen sind nicht von Katja Kipping autorisiert.« Etwas richtig gestellt werden kann aber nur, wenn es zuvor eine falsche Aussage gegeben hat. Das aber ist – vorsichtig ausgedrückt – eine Unterstellung: Weder wurde in den beiden jW-Beiträgen behauptet, daß Frau Kipping sich gegenüber der jW mündlich oder schriftlich geäußert habe noch ist es üblich, daß junge Welt verifizierte Informationen vor Abdruck autorisieren läßt. Es wird um Stellungnahme gebeten, mehr nicht. Soviel Pressefreiheit muß sein.

Unbotmäßige Berichterstattung wird aber auch abgestraft. Der Linke-Bundestagsabgeordnete und Schatzmeister Raju Sharma hat wiederholt erklärt, daß er Anfragen der jungen Welt grundsätzlich ignoriere – mit Verweis auf Inhalte der Zeitung (»Verhöhnung der Maueropfer «). Auch der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei Höhn hat bis heute nicht direkt auf die jW-Anfrage vom 24. Mai reagiert. Allerdings erhielt junge Welt wenige Tage später folgende knappe EMail aus dem Karl-Liebknecht-Haus: »Im Auftrag des Bundesgeschäftsführers Matthias Höhn möchte ich Ihnen mitteilen, daß die junge Welt keine Genehmigung für einen eigenen Werbestand beim Bundesparteitag der LINKEN in Dresden erhält.« Auf die Nachfrage von jW, daß es sich dabei sicher um ein Mißverständnis handeln müsse, weil erst am 21. Mai (also drei Tage vor der oben genannten Anfrage) aus dem Karl-Liebknecht- Haus eine verbindliche Zusage für einen Zwei-Meter-Stand eingetroffen sei, heißt es nur kurz: »Es handelt sich hierbei um kein Mißverständnis, die junge Welt erhält keine Genehmigung für einen eigenen Werbestand beim Bundesparteitag der LINKEN in Dresden. « Einen entsprechenden Beschluß des Parteivorstandes gibt es allerdings nicht, wie jW auf Nachfrage erfuhr.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Leserbriefe zu diesem Artikel:

  • Burkhard Michael Riedel: Kurz vorm Überlaufen Gibt es etwas Schöneres als unerwiderte Liebe? Dies scheint das Motto der PDL zu sein, wenn man sich diesen unsäglichen Vorgang über die Ausladung von junge Welt vom Parteitag in Dresden anschaut. Ich...

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