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Aus: Ausgabe vom 08.06.2013, Seite 16 / Aktion

Wahrheit als Verbrechen

Wer Kenntnisse über ein System besitzt, kann diesem gefährlich werden. Medien, denen diese Informationen weitergereicht werden, ebenfalls
Von Dietmar Koschmieder
Durch Beschuß von US-Militärs sterben am 12. Juli 2007 zwischen
Durch Beschuß von US-Militärs sterben am 12. Juli 2007 zwischen 12 und 18 Personen, darunter Kinder und der Reuters-Fotograf Namir Noor-Eldeen, von dem dieses Bild einer irakischen Frau stammt
Lehre aus Vietnam: Ungeschminkte Berichte von der Kriegsfront soll es nicht mehr geben. Deshalb werden Journalisten »eingebettet« und ihnen ein geschöntes Bild gezeigt: Der militärische Überfall als Hilfseinsatz für Demokratie und Menschenrechte. Statt kritischer Analysen liefern die Eingebetteten von der Kriegsfront rührende Stories von der Integrität und Professionalität der sie führenden Propagandaspezialisten. Von solchen werden sie auch zu Hause an der Heimatfront geführt. Denn neue imperialistische Kriege müssen mental vorbereitet werden. Durchführen und durchstehen kann man sie nur über jede Menge Desinformation, vorrangig transportiert über etablierte bürgerliche Medien. Weil eine Mehrheit der Deutschen gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr ist.

Das Veröffentlichen von nüchterner Information, der Wahrheit also, sei ein Verbrechen, sagt die US-Regierung: Weil sie die Kriegsbereitschaft schwächt und so dem Feind nutzt. Der Obergefreite Bradley Manning sichert Dokumente und Videos, die vielfach Folter und Mord durch ausländische Einheiten im Irak und in Afghanistan belegen. Beispielsweise 303 solcher Verbrechen, die allein 2010 im Irak von westlichen Kämpfern für Demokratie und Menschenrechte begangen wurden. Oder ein Video, das zeigt, wie die Besatzung eines US-amerikanischen Hubschraubers irakische Zivilisten und zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters am 12. Juli 2007 niedermetzelt. Mit aller Härte werden die Täter verfolgt: Manning wird verhaftet, ihm droht lebenslanger Freiheitsentzug. Weitergeleitet hat er die Informationen an die Internetplattform Wikileaks, die diese Videos und Dokumente weltweit verfügbar gemacht hat. Auch Wikileaks-Sprecher Julian Assange kämpft seit vielen Monaten darum, nicht an die USA ausgeliefert zu werden.


Daß nach den Enthüllungen in Deutschland nach wie vor eine Mehrheit der Menschen gegen diese neuen imperialistischen Kriege eingestellt ist, verwundert nicht. Wie aber kommt es, daß fast alle Medien und Parteien trotzdem nicht klar gegen solche Kriege im Allgemeinen und eine deutsche Beteiligung im Besonderen sind? Die Tageszeitung junge Welt nimmt eine klare Antikriegsposition ein. Sie steht den Propagandaabteilungen von Politik, Militär und Geheimdiensten nicht zur Verfügung. Eine solche Zeitung kann aber nur finanziert werden, hat nur dann den nötigen Einfluß, wenn sie in ausreichendem Maße abonniert wird. Nur dann verfügt sie über den finanziellen Spielraum, um der herrschenden Propaganda wirksam etwas entgegensetzen zu können.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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