Aus: Ausgabe vom 24.07.2013, Seite 12 / Feuilleton
Jubel der Woche: Danegger, Kind
Von Jegor Jublimov
Die »Frau Holle« der DEFA war einst Kinderstar bei Max Reinhardt. Als Mathilde Danegger 1912 in »Der blaue Vogel« ihre erste Reinhardt-Premiere am Deutschen Theater Berlin überstanden hatte, schob der Meister sie zum Schlußapplaus durch eine kleine Tür des Eisernen Vorhangs nach vorn, wo ein Regen von Geld, Süßigkeiten und anderen Gaben auf sie prasselte.
Sie war damals neun, und in der kommenden Woche begehen wir ihren 110. Geburtstag. Schon am Samstag jährt sich ihr Todestag zum 25. Mal.
Die Danegger kam aus einer Wiener Schauspielerfamilie – ihr älterer Bruder Theodor ist aus Filmen mit Hans Moser und Paul Hörbiger bekannt. Sie selbst hat seit 1921 gefilmt, bei dem später berühmten Michael Curtiz in Österreich, bei Leopold Lindtberg in der Schweiz, und besonders intensiv, seit sie in den fünfziger Jahren in die DDR kam. Als überzeugte Linke war sie schon 1933 in die Schweiz emigriert, wo sie politisches Kabarett spielte und am Zürcher Schauspielhaus auftrat. Brecht holte sie dann in sein Berliner Ensemble. Aus dieser Zeit existiert noch eine Tonaufnahme mit ihr in »Die Verurteilung des Lukullus«, jenes Brecht/Dessau-Werkes, das 1951 zwischen die Fronten der Formalismus-Debatte geriet.
Mathilde Danegger, die überzeugt von der Notwendigkeit eines sozialistischen Staates auf deutschem Boden war, wurde ihr Engagement nicht immer leichtgemacht, besonders, als ihr Mann, der Kommunist Herbert Crüger, unter falschen Anschuldigungen verurteilt und jahrelang in Bautzen inhaftiert wurde. Davon ahnt man nichts, wenn man Mathilde Danegger auf dem Bildschirm sieht, in Lustspielen wie »Das verhexte Fischerdorf« (1961), »Geliebte weiße Maus« (1963) oder »Polizeiruf«-Krimis wie »Die letzte Chance« (1978) neben Henry Hübchen.
Einen ehemaligen »Polizeiruf«-Ermittler kann man tagtäglich nackt in Erfurt bewundern – zumindest die Statue, für die er Modell stand. Willi Sitte rettete den damals stellungslosen Musiker Michael Kind und stellte ihn in Giebichenstein als Aktmodell für die Studenten an. Der Hallenser Elektriker studierte Schauspiel, und wie einst die Danegger von Reinhardt, kann er von Heiner Müller erzählen, unter dessen Regie er mehrfach auf der Bühne stand. Im DDR-Fernsehen spielte er Brecht (»Die Bestie«) und Musical (»Kai aus der Kiste«, beides 1988), und als er 1998 zur ZDF-»Küstenwache« stieß, war er deshalb nicht festgelegt. Er kann auf bemerkenswerte Filmrollen zurückblicken – von »Treffen in Travers« (1989) bis »Sushi in Suhl« gerade erst. Heute morgen dürfte Micha Kind verkatert sein, denn gestern feierte der passionierte Wodka-Trinker seinen 60. Geburtstag.
Sie war damals neun, und in der kommenden Woche begehen wir ihren 110. Geburtstag. Schon am Samstag jährt sich ihr Todestag zum 25. Mal.
Die Danegger kam aus einer Wiener Schauspielerfamilie – ihr älterer Bruder Theodor ist aus Filmen mit Hans Moser und Paul Hörbiger bekannt. Sie selbst hat seit 1921 gefilmt, bei dem später berühmten Michael Curtiz in Österreich, bei Leopold Lindtberg in der Schweiz, und besonders intensiv, seit sie in den fünfziger Jahren in die DDR kam. Als überzeugte Linke war sie schon 1933 in die Schweiz emigriert, wo sie politisches Kabarett spielte und am Zürcher Schauspielhaus auftrat. Brecht holte sie dann in sein Berliner Ensemble. Aus dieser Zeit existiert noch eine Tonaufnahme mit ihr in »Die Verurteilung des Lukullus«, jenes Brecht/Dessau-Werkes, das 1951 zwischen die Fronten der Formalismus-Debatte geriet.
Mathilde Danegger, die überzeugt von der Notwendigkeit eines sozialistischen Staates auf deutschem Boden war, wurde ihr Engagement nicht immer leichtgemacht, besonders, als ihr Mann, der Kommunist Herbert Crüger, unter falschen Anschuldigungen verurteilt und jahrelang in Bautzen inhaftiert wurde. Davon ahnt man nichts, wenn man Mathilde Danegger auf dem Bildschirm sieht, in Lustspielen wie »Das verhexte Fischerdorf« (1961), »Geliebte weiße Maus« (1963) oder »Polizeiruf«-Krimis wie »Die letzte Chance« (1978) neben Henry Hübchen.
Einen ehemaligen »Polizeiruf«-Ermittler kann man tagtäglich nackt in Erfurt bewundern – zumindest die Statue, für die er Modell stand. Willi Sitte rettete den damals stellungslosen Musiker Michael Kind und stellte ihn in Giebichenstein als Aktmodell für die Studenten an. Der Hallenser Elektriker studierte Schauspiel, und wie einst die Danegger von Reinhardt, kann er von Heiner Müller erzählen, unter dessen Regie er mehrfach auf der Bühne stand. Im DDR-Fernsehen spielte er Brecht (»Die Bestie«) und Musical (»Kai aus der Kiste«, beides 1988), und als er 1998 zur ZDF-»Küstenwache« stieß, war er deshalb nicht festgelegt. Er kann auf bemerkenswerte Filmrollen zurückblicken – von »Treffen in Travers« (1989) bis »Sushi in Suhl« gerade erst. Heute morgen dürfte Micha Kind verkatert sein, denn gestern feierte der passionierte Wodka-Trinker seinen 60. Geburtstag.
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