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Aus: Ausgabe vom 23.08.2013, Seite 3 / Schwerpunkt

Institutioneller Rassismus

Die Anwälte der Nebenkläger im NSU-Prozeß vor dem Oberlandesgericht in München haben den Abschlußbericht des Bundestag-Untersuchungsausschusses zur Neonazi-Mordserie kritisiert. Das entscheidende Problem, daß es in den Sicherheitsbehörden einen »institutionellen Rassismus« gebe, werde ausgeblendet, erklärten 17 Juristen, die Angehörige der NSU-Opfer vertreten, am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung. »Hochgelobt für das parteiübergreifende Engagement der Obleute, schafft es nun zu Zeiten des Wahlkampfs gerade der Untersuchungsausschuß nicht, das Problem so zu bezeichnen, wie es sich uns präsentiert.« Die Nebenklägeranwälte legten einen Katalog mit zehn Forderungen vor, die als Lehre aus den Morden gezogen werden müßten:

1. Hinterbliebene und Verletzte fordern die Anerkennung auch in der Politik, daß das systematische Versagen der Ermittlungsbehörden auf institutionellem Rassismus beruht. (...)

2. Wir fordern eine Neueinsetzung des Untersuchungsausschusses in der nächsten Legislaturperiode. Eine lückenlose Aufklärung der Taten des NSU und der möglichen Verwicklungen der Ermittlungsbehörden und des Verfassungsschutzes ist lange nicht abgeschlossen.

3. Bei jedem Gewaltverbrechen muß in Zukunft frühzeitig und nachvollziehbar in den Akten vermerkt und begründet werden, wenn die Ermittlungsbehörden der Auffassung sind, daß eine rassistisch oder neonazistisch motivierte Tat ausgeschlossen werden kann.

4. Wir fordern eine Ausbildung und stetige Qualifikation aller Polizeibeamten, die institutionellem wie individuellem Rassismus entgegenwirkt. Zudem müssen gut ausgebildete und szenekundige Abteilungen bei den Landespolizeien neu aufgebaut und neu besetzt werden, die sich spezifisch mit rechter Gewalt beschäftigen und allgemeine Abteilungen für »Staatsschutzdelikte« ersetzen. (…)


5. Bei den Staatsanwaltschaften müssen Abteilungen gebildet werden, die für rechte Gewalttaten gesondert zuständig und ausgebildet sind. (...)

6. Es muß verstärkt darauf hingewirkt werden, daß Beamte mit Migrationshintergrund auch in Führungspositionen geworben werden. (…)

7. Das V-Mann-System der Verfassungsschutzbehörden hat versagt und gehört aufgelöst. Es fördert rechtsradikale Entwicklungen mehr, als daß es sie verhindert. (...)

8. Opfer rechter Gewalt seit 1990 sind lückenlos entsprechend der Liste der Amadeu-Antonio-Stiftung, der Zeit und des Tagesspiegel als solche anzuerkennen.

9. Die Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt müssen erhalten, flächendeckend ausgebaut und gefördert werden.

10. Es sind auf Landes- und Bundesebene Kontrollgremien einzuführen, die als unabhängige Ansprechpartner für Betroffene von institutionellem oder persönlichem Rassismus durch die Ermittlungsbehörden oder für »Whistleblower« in solchen Fällen zur Verfügung stehen.

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