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Aus: Ausgabe vom 01.02.2014, Seite 16 / Aktion

Deutschland traut sich

junge Welt braucht nicht nur aus ökonomischen Gründen viele Probelesende
Von Dietmar Koschmieder
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Die Berliner Zeitung (BLZ) entdeckt in ihrer Ausgabe vom 20. Januar 2014 eine neue deutsche Außenpolitik und überschreibt ihre Seite zwei euphorisch mit der Schlagzeile »Deutschland wagt sich nach Afrika«. Tatsächlich hat der neue alte Außenminister Frank-Walter Steinmeier seinen Bürostuhl im Ministerium noch nicht richtig warmgesessen, da knüpft der Sozialdemokrat an die Kriegstreibertraditionen seiner Partei an. Für ihn sei »selbstverständlich, daß Deutschland besonders Bitten der Franzosen nicht so kaltschnäuzig abweisen sollte, wie Merkel dies getan hat… Zum Druck der Bündnispartner ist für Merkel nun der Druck des Koalitionspartners hinzugekommen«, schreibt die BLZ. Eine »wahre deutsch-französische Verteidigungsgemeinschaft« soll da zustande kommen, Steinmeier habe den Franzosen »entschlossenere deutsche Unterstützung in Mali« in Aussicht gestellt. 5000 deutsche Soldaten sind derzeit weltweit im Einsatz, »in Afrika sind es derzeit etwa 500 Beschäftigte«. Beschäftigte? Mit dem Kriegshandwerk Beschäftigte? Auch sonst verrät die Sprache der BLZ viel: Kaltschnäuzig ist, wer Kriegseinsätze ablehnt. Eine Verteidigungsgemeinschaft ist eine Gemeinschaft, die Kapitalinteressen aggressiv nicht nur am Hindukusch, sondern auch in Zentralafrika durchsetzt. »Es dauerte lange, bis die Bundesregierung entdeckte, daß sich südlich von Europa ein ganzer Kontinent erhebt«, tadelt die BLZ.

Deutsche Firmen waren da etwas schneller. Die Berliner Internetfirma Rocket Internet zum Beispiel baut in Nigeria eine Amazon-Kopie für den afrikanischen Kontinent auf – mit mittlerweile 1500 Beschäftigten. Die Deutschen halten »sich bei der Eroberung Afrikas nicht lange mit Recht und Gesetz« auf, meint die BLZ in der gleichen Ausgabe: Der Versuch des Nigerianers Sim Shagaya, mit Konga.com ebenfalls einen Amazon-Klon für Afrika mit 70 Mitarbeitenden als Konkurrenz zu Rocket zu etablieren, wurde von den Deutschen einfach dadurch unterbunden, daß man in elf anderen afrikanischen Staaten den Domain-Namen der Konkurrenz besetzte und damit deren Expansion verhindert. So eine virtuelle Landnahme sei zwar illegal – aber in vielen afrikanischen Staaten gibt es keinerlei Gesetzgebung für Internetfirmen. Zwar droht nun Konga mit einer Prozeßwelle – da aber der Haupt­investor von Konga, die schwedische Beteiligungsgesellschaft Kinnevik, auch wichtigster Geldgeber der Rocket-Firmen ist, wird das wohl schon alles in europäischen Kapitalkreisen zu regeln sein. Deutschland wagt sich nach Afrika? »Rocket Internet auf Kaperzug in Afrika« heißt es da schon richtiger über den Beitrag auf Seite eins.

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In der Berliner Zeitung stehen zwei scheinbar zusammenhangslose Beiträge auf unterschiedlichen Seiten einer Ausgabe. In der jungen Welt wollen wir genau diese Zusammenhänge aufzeigen: Wenn sich deutsches Militär künftig stärker in Afrika engagiert, geht es darum, deutsche und europäi­sche Wirtschaftsinteressen im als Hinterhof angesehenen Kontinent Afrika zu sichern. Dazu braucht es die Sozialdemokratie an der Macht, denn nach wie vor ist trotz aller Propaganda eine klare Mehrheit der Bevölkerung gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr. Trotzdem weichen die Christdemokraten dem »Druck des Koalitionspartners«, mehr noch aber der Wirtschaftslobby: Kriegsministerin von der Leyen will nun auch eine »stärkere Präsenz« in Afrika. Natürlich wie immer aus humanitären Gründen: »Wir können nicht zur Seite schauen, wenn Mord und Vergewaltigung an der Tagesordnung sind, schon allein aus humanitären Gründen«, sagte die CDU-Politikerin im Spiegel-Interview (5/14). Es braucht nicht nur wenigstens eine Oppositionspartei im Bundestag, die diesem Druck widersteht. Es braucht auch dringend eine Tageszeitung, die nicht müde wird, solche Zusammenhänge immer wieder aufzuzeigen. Und deshalb braucht die junge Welt nicht nur aus ökonomischen Gründen 10000 Probelesende.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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