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Aus: Ausgabe vom 24.02.2014, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Eine Frau mit Vergangenheit

Im Unterschied zu dem aus subproletarischen Verhältnissen aufgestiegenen Wiktor Janukowitsch verkörpert Julia Timoschenko, Jahrgang 1959, idealtypisch die Nomenklatura-Privatisierung der neunziger Jahre. Sie hatte das historische Glück, in den Perestrojka-Jahren einen einflußreichen Schwiegervater zu haben: den für Kultur zuständigen Referenten des Dnipropetrowsker Gebietsparteikomitees. Gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann verdiente sie ihr Startkapital mit dem Verkauf von – den Umständen nach – Schwarzkopien westlicher Filme, auf deren lizensierte Kopien der hochgestellte Verwandte Zugriff hatte. Später handelte sie u.a. mit Grubenholz und russischem Gas und stieg im Clan des Dnipropetrowsker Paten Pawlo Lasarenko zur Nummer zwei auf. Als der damalige Präsident Leonid Kutschma Lasarenko 1999 als geschäftlichen Konkurrenten aus dem Verkehr zog, verlor Julia Timoschenko die für ihre Geschäfte notwendige politische Protektion. Daraufhin legte sie eine 180-Grad-Drehung von der Schattenunternehmerin zur Sauberfrau hin und bekämpfte in mehreren Regierungsämtern diejenigen Oligarchen, die geschäftlich mehr Glück gehabt hatten als sie. Ihr Insiderwissen kam ihr dabei zugute – auch persönlich.

2004 wurde sie neben Wiktor Juschtschenko zur Führerin der »orangen Revolution« und zu deren medialem Gesicht. Für dieses neue Image legte die bisher brünette Timoschenko sich auch ihr neues Outfit mit blondem Zopf zu – die Angehörige der Jeunesse dorée stilisierte sich zum Bauernmädel. Interne Rivalitäten mit Juschtschenko, Korruptionsskandale und die Dauerkrise sorgten dafür, daß die ukrainischen Wähler die »Orangen« nach einer Legislaturperiode satt hatten und Timoschenkos Widersacher Janukowitsch ein Comeback erlebte. Der erkannte in ihr eine ernstzunehmende Gegnerin und ließ die Staatsanwaltschaft in ihrer Vergangenheit wühlen. Zum Verhängnis wurde ihr schließlich ein Gasdeal, den sie 2009 mit Wladimir Putin abgeschlossen hatte und an dem sich eine in der Schweiz angesiedelte Vermittlerfirma dumm und dämlich verdiente. Wegen Veruntreuung von Staatsmitteln und Amtsmißbrauch wurde sie zu sieben Jahren Haft verurteilt. Weitere Ermittlungen, so wegen des Verdachts der Anstiftung zu einem politischen Mord in Donezk 1996, werden nun wohl eingestellt werden.


(rl)

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